Mittwoch, 17. Juli 2013

Jugendgewalt bleibt besorgniserregend/Fachtagung über Bindung - Bildung - Gewaltprävention

In einer Fachtagung trafen sich Experten aus den Bereichen Pädagogik, Psychologie, Medizin, Kriminalistik und der Philosophie am vergangenen Freitag in München um über die Themen „Bindung – Bildung – Gewaltprävention“ neueste Erkenntnisse auszutauschen.

Die Kinder und Jugendlichen von heute sind die Arbeitnehmer und Selbstständigen, Beamte und Politiker von morgen. In zehn, zwanzig oder dreißig Jahren entscheidet ihre Leistungskraft über das Volkseinkommen und die Gesetze, die sie beschließen, über die Auslegung unserer Grundrechte und die unserer Enkel. Auch werden die heutigen Kinder und Jugendlichen einmal über Krieg und Frieden entscheiden. Für all das müssen sie sowohl geistig als auch seelisch gerüstet sein.

Dabei ging es nicht nur um jugendliche Gewalttäter und junge gewaltverherrlichende Extremisten. Die Faktoren, die zu einer Gewaltkarriere beitragen können, sind auch sonst nicht geeignet, um junge Menschen zu selbstständigen, verantwortungsbewussten und beziehungsfähigen Menschen zu erziehen. Gewalt und Verrohung – ob körperlich oder verbal – ist kein spezifisches Problem einer inhomogenen sozialen Gruppierung, sondern ein Thema, das alle betreffen kann. „Wenn wir das Problem der Jugendgewalt nicht in den Griff bekommen, sondern intellektuell begreifen, dann werden wir in eine repressive Gesellschaft abrutschen“, warnte der Geschäftsführer des IDAF, Jürgen Liminski, am Rande des Symposiums. Prävention gegen Jugendgewalt sei auch Prävention gegen repressive, ja faschistoide Tendenzen, sei es von links oder von rechts. Und der Vorsitzende des IDAF, Heinz-Georg Ley fragte: „Wie soll zwischen den Völkern Frieden herrschen, wenn es in den kleinen Einheiten, wie Familien, Schulen und Stadtteilen keinen Frieden gibt?“ Auch der Vandalismus an öffentlichen Einrichtungen sei ein Zeichen von Gewalt und Zerstörungswut.

An einem Münchner S-Bahnhof, war am 12. September 2009 der Manager Dominik Brunner bei einem Gewaltexzess zu Tode gekommen. Der 18-jährige Täter schlug und trat noch, als sein Opfer bereits am Boden lag. Fälle, in denen Schläger kein Erbarmen mit sichtbar Unterlegenen haben, häufen sich verbreiteter Ansicht zufolge. Der Fall Brunner sollte auch in München nicht die letzte Geschichte dieser Art bleiben. „Gewaltstraftaten Jugendlicher und Heranwachsender ereignen sich vorwiegend in der Öffentlichkeit“, erklärte Peter Dathe, Präsident des Bayerischen Landeskriminalamtes.

Insgesamt sei die Anzahl der Delikte seit einigen Jahren leicht rückläufig, blieben jedoch auf hohem Niveau.

Beunruhigend sei der steigende Anteil von Jugendkriminalität unter Alkoholeinfluss. Dieser habe in den vergangenen Jahren in Bayern deutlich zugenommen. Eine Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung zeige, dass Alkohol von unter 16-Jährigen häufig in riskanten Mengen getrunken wird. Fast 40 Prozent der Tatverdächtigen im Alter von acht bis zwanzig Jahren standen 2012 beim Begehen schwerer Gewaltstraftaten unter Alkoholeinfluss. Bei den 18- bis 20-Jährigen sei es über die Hälfte der Tatverdächtigen gewesen.

Material aus Michaela Koller: Hirnforscher: „Fehlen von Bindung ist der Gau in der psychischen Entwicklung“, Deutsche Tagespost