Freitag, 27. Juli 2018

Alles für die Quote - nach den dünnen, jetzt die dicken Models


Christiane Jurczik

Eine Häme-Show jagt die nächste bei RTL2 und PRO7: Curvy Super Model! Heute Abend wird die dritte Folge dieser Show ausgestrahlt

Im Gegensatz zu anderen Model-Castingshows sind die Kandidatinnen nicht gertenschlank, sondern etwas molliger, eben „curvy“ (engl.: kurvig). Damit soll dem Schlankheitswahn ein positiver Gegentrend gesetzt werden. Aus didaktischer Sicht enthält die Sendung jedoch einige Ecken und Kanten. Echt. Schön. Kurvig“: Die Show „Curvy Supermodel“ gibt vor, die neue Galionsfigur der Körperrevolution zu suchen. Stattdessen macht die Jury aber genau das Gegenteil. Sie führt die Kandidatinnen vor:

·         Auch für kurvige Models gibt es klare Richtlinien, wie der Körper auszusehen hat. Frauen, die zu dick oder zu dünn sind oder deren Proportionen der Jury nicht passend erscheinen, werden aussortiert. Damit können Kindern und Jugendlichen zweifelhafte Einstellungen zum eigenen Körperbild vermittelt werden.

·         Die Teilnehmerinnen werden regelmäßig dazu angehalten, sich sexy zu präsentieren und zu zeigen, dass auch kurvige Frauen erotisch sein können. Sexistische Äußerungen wie „Für deine Oberweite brauchst du einen Waffenschein“ gehören dabei zum Standardrepertoire der Jury. Es wird der Eindruck vermittelt, dass sich die Chancen der Kandidatinnen verbessern, wenn sie möglichst viel Haut zeigen. Damit wird ein fragwürdiges Frauenbild vermittelt, welches Frauen nicht nur auf Äußerlichkeiten, sondern vor allem auf ihre erotische Ausstrahlung reduziert.

·         Beinahe rund um die Uhr werden die Kandidatinnen von Kameras begleitet, die jede ihrer Gefühlsregungen aufzeichnen. In der Sendung werden vor allem emotionale Momente zusammengeschnitten. Zudem werden ihre Schwächen und Macken zu Unterhaltungszwecken zur Schau gestellt.


Und curvy, das ist zwar englisch für kurvig, heißt hier aber mehr als kurvig. Es heißt auch sexy, denn das ist ganz wichtig: Wer curvy ist, muss sexy sein! Das ist natürlich nicht überraschend, denn Frauen müssen im Fernsehen ja sowieso immer sexy sein. Und tun, was Frauen dort eben immer tun - gegen andere Frauen kämpfen. Im Namen der Sexyness. Curvy, lernt der Zuschauer nun, das ist nicht etwas das man einfach ist, das ist vor allem etwas, dass man sich traut. 

Ein Großteil der Sendung dreht sich aber um das (fehlende) Selbstwertgefühl der Kandidatinnen – und um die Tatsache, dass sie sich selbst nicht schön finden. Wenn Jurorin Motsi Mabuse zu Samira sagt, sie müsse endlich anfangen, sich selbst zu lieben, wird der Zuschauer zurückgeworfen auf das altbekannte Klischee: Dicke Menschen sind per se unglücklich.

Eine der Teilnehmerinnen erklärt, dass sie in der Schule immer gemobbt wurde. Sie wurde immer Thorsten genannt. Sie ist 17 Jahre alt, tritt vor die Schattenwand. Sie trägt ein Netzkleid über einem schwarzen Body. Doch als sie sich umdreht, erschreckt sich Model-Expertin und Jurorin Jana Ina über ihren Po. „Ich finde das schrecklich“, sagt sie mit Nachdruck zu der jungen Frau, die 17 ist und in der Schule Thorsten genannt wird. „Das ist nicht sexy, das ist grenzwertig“, schiebt Jana Ina hinterher. Und in den Augen der 17-Jährigen bricht etwas. Sie wird nicht weinen. Mobbing kennt sie. Der Schmerz sitzt tief, aber sie hält das aus. Das ist ihr Kampf.

Die Jury ist nun versöhnlich. Sie solle doch einfach ein Kleid tragen! Und Selbstbewusstsein eben, dann sähen sie da richtig viel Potential. Die Schülerin dürfte mit diesem Ratschlag ziemlich verwirrt gewesen sein. Hatte sie das nicht an? Es muss anders aussehen, anders als ein Netzkleid, also an ihr. Die 17-Jährige nickt, okay, okay, ich ändere mich, ich kämpfe, eines Tages passe ich!

„Ich glaube wir haben wirklich bessere Kurven am Start“, beugt sich Modelagent Amin zu Jana Ina vor. Ina nickt.

Die nächste Kandidatin ist sportlich muskulös. Sie trägt kaum Größe 40. „Genau das wollen wir sehen, Selbstbewusstsein!“, freut sich die Jury. „Super Outfit.“ Die junge Frau trägt nur Unterwäsche. „Jedes Stück Stoff mehr wäre Verschwendung.“

Jetzt liegt es in der Verantwortung der Eltern ihren Kindern zu erklären, was das mit der Realität zu tun hat – und wie sich ihr Kind trotzdem im eigenen Körper wohl fühlt – egal welche Kleidergröße es hat!

Mit Informationen aus bento.de