Dienstag, 25. Oktober 2016

Gender-Lehrplan in Hessen: Erwägt CDU Strategie des Einlullens?

Die Gegner des "Lehrplans zur Sexualerziehung" von CDU-Kultusminister Lorz sollten sich nicht für dumm verkaufen lassen.
Mathias von Gersdorff

Der neue „Lehrplan zur Sexualerziehung“ erntet immer mehr Ablehnung:

An 18. Oktober 2016 haben die Elternbeiräte auf Landes-, Stadt- und Kreisebene Kritik geäußert, vor allem am Lernziel „Akzeptanz sexueller Vielfalt“. Damit haben sich die Elternbeiräte auf Stadt- und Kreisebene dem negativen Urteil des Landeselternbeirates Hessen angeschlossen.

Damit dürfte CDU-Generalsekretär Manfred Pentz klar geworden sein, dass die Proteste gegen den Gender-Lehrplan seines Pateikollegen, Kultusminister Ralph Alexander Lorz, nicht so schnell abebben werden.

Der zweite Brief (LINK) von Manfred Pentz an die Kritiker des Lehrplans zeigte schon eine defensive Haltung. Der CDU-Generalsekretär versuchte die Kritikpunkte als übertrieben oder haltlos abzuwimmeln. Damit geriet er in Widerspruch zu seinem ersten Brief von 30. September (LINK). In diesem hatte er noch versucht, den Lehrplan zu verteidigen.

Mit ihrem Protest stehen die Elternbeiräte nicht allen da. Langsam macht sich erfreulicherweise auch ein gewisser Unmut bei den Mitgliedern der CDU bemerkbar. Vergangene Woche hat sich auch die „Katholische Elternschaft“ gegen den Lehrplan positioniert.

Der neue Protest kommt der CDU mächtig in die Quere.

Deutschland befindet sich im Beginn des Wahlkampfes für die Bundestagswahl. Ein Dauerprotest könnte nicht nur für die nächsten Landtagswahlen gefährlich werden, sondern auch für die Bundestagswahl im kommenden September 2017. Die schwarz-grüne Koalition in Hessen sollte sich nämlich nach den Willen mancher als Modell für den Bund präsentieren.

Doch auf viele wirkt der neue Lehrplan inzwischen wie ein abschreckendes Beispiel. Dass die CDU alte Überzeugungen über Bord wirft, um diese Machtoption zu ermöglichen, erschein vielen als abstoßend.

Veronica Fabricius, CDU-Mitglied und stellvertretende Vorsitzende eine Frankfurter Ortsverbandes, stellte in einem geharnischten Brief an die Landesregierung folgende Frage: „Wurde die Bildungs-Hoheit der CDU in diesem Zusammenhang geopfert, um sich den Grünen als Koalitionspartner zu empfehlen? Mit dem zu hohen Preis, unsere junge Generation zu verwirren?"

Wie könnte nun die CDU auf diese Situation reagieren?

Am Rande einer CDU-Veranstaltung hat Generalsekretär Manfred Pentz Kritikern des Lehrplanes mitgeteilt, man denke über eine Veranstaltung nach, zu der nicht nur Parteimitglieder, sondern auch Gäste, Religionsvertreter etc. kommen sollen.

Das wäre die klassische Vorgehensweise: Man lädt ein, man debattiert lange und versucht angebliche „Missverständnisse“ auszuräumen. Auf diese Weise würde man versuchen, dass der Lehrplan so bestehen bleibt, wie er heute längst ist.

Sollte dies nicht gelingen, könnte man die Forderung nach „Akzeptanz sexueller Vielfalt“ abmildern.

Diese Vorgehensweise wäre gefährlich, denn der Schwachpunkt in der Argumentation vieler Kritiker des Lehrplans ist, etwa der Elternbeiräte, dass sie sich voll und ganz auf den Begriff „Akzeptanz“ fokussiert haben. Für diese Kritiker wäre es fast ausreichend, wenn man das Wort Akzeptanz durch Toleranz ersetzen würde.

Es wäre aber ein Trugschluss zu behaupten, dass damit das Problem aus der Welt geschafft sei. Das Hauptproblem am „Lehrplan zur Sexualerziehung“ ist – um es bei Begriffen festzumachen – der Begriff „sexuelle Vielfalt“.

In diesem Begriff ist die gesamte Gender-Ideologie enthalten. Sie geht davon aus, dass die Geschlechter nicht von Natur aus gegeben sind, sondern anhand gesellschaftlicher oder kultureller Faktoren „konstruiert“ seien. In Wahrheit gäbe es nicht nur Männer und Frauen, sondern eben eine große Vielfalt sexueller Orientierungen oder Identitäten. Laut Facebook sind das etwa 70, für andere sind es Tausende. All das sei zu akzeptieren. De facto wird postuliert, dass die Identität und die Persönlichkeit eines Menschen gar nicht eindeutig definiert werden, sondern im ständigen Wandel begriffen sein müssen.

Das Ersetzen von Akzeptanz durch Toleranz wäre zwar eine gewisse Abmilderung, doch nach wie vor wäre der neue Lehrplan der Weg in die Gender-Indoktrination. Aufgrund der Tatsache, dass diese Weltanschauung nicht nur verbindlich, sondern fächerübergreifend vermittelt werden soll, würde Gender schließlich die gesamt Schulbildung beeinflussen.