Dienstag, 6. Januar 2015

Internetsucht: Uniklinikum Mainz eröffnet Ambulanz zur Behandlung

Die Nutzung des Internets ist für große Teile der Bevölkerung fester Bestandteil des Alltags. Im Zuge der kontinuierlich ansteigenden Internetangebote und der scheinbar unbegrenzten Möglichkeiten im World Wide Web, wird es für einen Teil der Nutzer jedoch zunehmend schwieriger oder gar unmöglich, die eigene Nutzungszeit zu kontrollieren oder zu begrenzen.

Die Betroffenen entwickeln ein problematisches oder sogar abhängiges Internetnutzungsverhalten. Aus der exzessiven Nutzung können soziale Konflikte wie Streit mit Familienangehörigen und Partnern oder allgemeine negative Konsequenzen wie der Abbruch von Ausbildung oder Studium bzw. Jobverlust durch Fehlzeiten resultieren. Denn die Folgen der Internet- und Computerspielsucht sind jenen anderer Süchte ähnlich: Die Süchtigen sind in ihrem Denken und Handeln allein auf ihren Konsum fokussiert, werden unruhig und aggressiv, wenn sie länger nicht spielen können (Entzugserscheinungen) und sie vernachlässigen ihre beruflichen, schulischen und privaten Verpflichtungen, ihre nicht-virtuellen sozialen Kontakte und ihre körperlichen Bedürfnisse wie Schlaf, Essen und Hygiene. Diese Suchtform gilt in Fachkreisen als neue gesellschaftliche Problematik, da die Zahl der Betroffenen in den letzten Jahren stetig zugenommen hat.

Die Johannes Gutenberg-Universität Mainz reagiert nun mit der Eröffnung einer Ambulanz auf den aktuell steigenden Bedarf der Betroffenen, die an Computerspielsucht leiden, und will mit dem neuen Angebot eine existierende Versorgungslücke schließen. Dabei werden im Rahmen eines Modellprojektes erstmalig in Deutschland ambulante Gruppentherapien für Computerspiel- und Internetsucht für Jugendliche sowie junge Erwachsene angeboten. Darüber berichtet die Rhein Zeitung vom 13.12.14.

6 bis 9 Prozent der Jugendlichen erfüllen die Kriterien einer Abhängigkeit

"In den letzten Jahren ist der Bedarf an Beratung und psychotherapeutischen Interventionen bei Betroffenen mit exzessivem bzw. süchtigem Computerspielverhalten im Kindes- und Jugendalter sowie bei jungen Erwachsenen stark angestiegen", warnt Diplom-Psychologe Klaus Wölfling, psychologischer Leiter der neuen Ambulanz. "In diesem Zusammenhang deuten verschiedene wissenschaftliche Studien unserer Forschungsgruppe zur 'Computerspielsucht' darauf hin, dass etwa 6-9 Prozent der untersuchten Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die aktiv am Computer spielen, die Kriterien einer Abhängigkeit in Bezug auf ihr Computerspielverhalten erfüllen." Aufgrund der noch zu geringen Datenlage wurde die Einführung der neuen Diagnose bisher noch nicht berücksichtigt.

"In unserer täglichen Arbeit häufen sich Anfragen hinsichtlich der exzessiven und inadäquaten Nutzung moderner Medien v.a. im Kinder- und Jugendbereich", unterstreicht Prof. Manfred Beutel, Direktor der Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie am Klinikum der JGU. Bisher habe sich hier nicht die Möglichkeit geboten, eine zielgenaue und qualifizierte psychotherapeutische Behandlung des Symptom-Komplexes anzubieten. So bestehe trotz steigender Fallzahlen in der medizinischen Versorgung und in den Anlaufstellen der Suchtkrankenhilfe aktuell ein Versorgungsdefizit für Patienten mit suchtartigem Computerspielverhalten.