Donnerstag, 3. April 2014

Vorschüler und Erstklässler, die regelmäßig gewalttätiges Verhalten im Fernsehen konsumieren, sind als Teenager deutlich aggressiver

Überall in der Welt erleben unsere Kinder und Jugendlichen tagtäglich im Fernsehen eine Fülle von gewalttätigen Szenen und Auseinandersetzungen. Das Fernsehen lebt von sensationellen und dramatischen Handlungen sowohl in erfundenen Darstellungen als auch in den täglichen Nachrichtensendungen. In Filmen wird das Gewaltproblem noch dadurch verstärkt, indem Gewalt, Brutalität und Menschenverachtung sehr häufig als nachahmenswert und machtvoll dargestellt wird.

Es ist nicht nur die Masse von gewalttätigen Bildern, denen unsere Kinder Tag für Tag ausgeliefert sind, sondern die Botschaft, die ihnen vermittelt wird. Unsere Kinder lernen, dass Gewalt in Ordnung ist, dass sie Vorteile bringt. In etwa 70 Prozent der Fernsehsendungen bleibt der Übel- und Gewalttäter unbestraft.

Die Verlockung und Verherrlichung der Gewalt gibt unseren Kindern ein falsches Gefühl und Bild von sich selbst. Es wird die Botschaft vermittelt, dass Gewalt Macht bedeutet. Dies ist eine besonders verführerische und gefährliche Botschaft für ältere Kinder und Jugendliche, die sich häufig in der Pubertät und als Heranwachsende machtlos fühlen. Sehr schnell kann eine vorgestellte Gewalt in eine reale Gewalt umschlagen.

Die Wirkung von Gewalt in den Medien, besonders auf Kinder und Jugendliche, ist eine dauernde Streitfrage, die immer wieder neu diskutiert wird. Hierzu gehören vor allem extrem gewalttätige Videospiele und besonders auch gewaltverherrlichende Computerspiele. Man nennt solche Spiele verniedlichend auch Strategiespiele, wobei der gute Stratege sich dadurch auszeichnet, möglichst schnell viele Gegner zu töten. Diese Spiele erfreuen sich großer Beliebtheit. Bücher und das Radio kann man, was die Gewalt betrifft, als weniger gefährlich angesehen, da beim Lesen und Hören gewalttätige Passagen viel leichter von Kindern verarbeitet und reflektiert werden können. Ein Kind, das einen gewalttätigen Film sieht oder ein Gewalt-Video spielt, hat diesen Vorteil der Verarbeitung nicht. Die Bilder, die in Filmen und im Fernsehen, besonders auf kleinere Kinder einwirken, können oft überhaupt nicht verarbeitet werden, da diese Kleinen nicht abstrahieren können, sich nicht wehren können und gewalttätige Inhalte fast immer als Wirklichkeit erleben und für bare Münze nehmen.

In zahlreichen Studien zur Gewaltproblematik wurde nachgewiesen, dass Vorschüler und Erstklässler, die regelmäßig gewalttätiges Verhalten im Fernsehen konsumieren, als Teenager deutlich aggressiver sind.

Ältere Kinder sind eher in der Lage Gewaltdarstellungen zu verarbeiten und sich von ihnen zu distanzieren, aber besonders kleinere Kinder haben häufig Angst-und Alpträume, sind ängstlich, können nicht mehr allein sein, sich nicht mehr konzentrieren, fühlen sich verstärkt an zu Hause gebunden und sind häufig depressiv.

Kinder, die fernsehen, lernen, wie Menschen reagieren und sich anderen gegenüber in verschiedenen Lebenssituationen verhalten. Das große Problem mit dem Fernsehen ist, dass die TV-Bilderwelt nicht ausgewogen ist. Meistens sieht das Kind im Fernsehen die gewalttätige Lösung eines Problems. Das Fernsehen gibt unseren Kindern und Jugendlichen kaum die Gelegenheit, gesellschaftliche Probleme nach ihren eigenen Vorstellungen und mit sozialer Kompetenz zu bewältigen. Der Druck der Medien, vor allem auch des Privatfernsehens, aus reinem kommerziellen Interesse, tonnenweise filmischen Schrott zu produzieren, Gewalt zu favorisieren und eine "Scheinwelt" darzustellen, macht es unseren Kindern und Jugendlichen extrem schwer sich zu orientieren, echte Vorbilder zu finden und einen eigenen Standpunkt zu entwickeln.

Mit Material von Dr. M. Riechert