Donnerstag, 20. März 2014

Deutschland: Jammern auf hohem Niveau?

Christiane Jurczik

Deutschland - eines der reichsten Industrieländer der Welt. Stetig verbessern sich die sozioökonomischen Zustände in unserem Land – wir gelten sogar als Wirtschaftsmotor Europas. Gleichzeitig steigen die Löhne und die Arbeitslosenzahlen sinken. Eigentlich Gründe für eine positiven Grundhaltung.

Doch macht sich ein Phänomen bemerkbar: Die Lebenszufriedenheit der Deutschen sinkt. Besonders im Vergleich mit manch anderen Ländern können sich die Deutschen nicht über das gebotene Maß an Freiheit, Selbstbestimmung oder Gerechtigkeit beschweren.

Die Wartezimmer der Ärzte laufen über. Psychologen und Therapeuten wachsen wie Pilze aus dem Boden. Immer mehr Medikamente kommen auf den Markt und werden auch von den Ärzten verschrieben. Was weiß ich, welche Abkommen da mit der Pharmaindustrie getroffen werden. Immer mehr Kinder leiden an ADHS. Die Alten- und Pflegeheime haben zu wenig Betreuer. Die Geburtenrate sinkt und die Fremdenfeindlichkeit steigt.

Also, was macht uns eigentlich so krank, depressiv und unglücklich?

Mehrere Studien der Glücksforschung haben bereits gezeigt, dass viel Geld nicht automatisch glücklich macht. Die Bewohner der G8-Länder gehören einer Untersuchung der New Economics Foundation zufolge zu den traurigsten der Welt. Und das, obwohl hier die Menschen über das meiste Geld verfügen und keinen Hunger leiden müssen.

Die glücklichsten Menschen sind übrigens die Bewohner der Südseeinsel Vanuatu, wo Geld keine Rolle spielt. Je gleichmäßiger die Einkommen verteilt und je geringer die sozialen Unterschiede sind, desto glücklicher sind die Menschen.

Ich vermute, dass auch die Politik einiges dazu beigetragen hat, dass die Menschen unglücklich sind. Ein typisches Beispiel, wie man es falsch machen kann ist die Hartz-IV-Reform. Denn mit der Reform ist die Schere zwischen Arm und Reich noch weiter auseinander gegangen, gleichzeitig fühlen sich immer mehr Menschen von den veränderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen verunsichert. Weiter trägt die von der Wirtschat geforderte Mobilität dazu bei. Es führt dazu, dass Menschen wegen ihrer Arbeit oft umziehen müssen. Die sozialen Bedingungen und die Familie bleiben dabei schnell auf der Strecke. Eine Möglichkeit für die zunehmende Zahl unglücklicher Menschen kann auch die Häufigkeit der Arbeitsunfähigkeit aufgrund psychischer Erkrankungen sein. Gerade Depressionen sind in den vergangenen Jahren als Ursache drastisch angestiegen.

Etwas von anderen lernen

Seit meiner Kindheit reise ich nach Spanien. Nicht nur die Hauptstadt, auch sehr kleine, abgelegene Dörfer ohne Tourismus, haben mich schon in den 70 Jahren fasziniert. Ich kann dort - trotz der hohen Arbeitslosenzahlen und wirtschaftlicher Turbulenzen - etwas beobachten, was mich extrem freut und ich mir für Deutschland auch wünsche.
Und zwar die Integration von Menschen mit Behinderung, der Zusammenhalt von Familien, die Hoffnung und der Glaube.

Nie habe ich alte oder kranke Menschen alleine gesehen. Das Bild eines gehbehinderten alten Mannes, mit exakt gekämmten Haaren und gebügeltem Hemd, der von beiden Seiten durch seine Enkelkinder gestützt wurde und stolz durch die Gassen seines Dorfes ging, blieb mir immer in positiver Erinnerung. So sollte es sein. Diese Lebensweise war mein Vorbild. Und genau so gehe ich heute mit meinem Vater spazieren. Er ist kürzlich 90 Jahre alt geworden.

Durch den plötzlichen Tod meines besten Freundes ist mir aufgefallen, wie wenig Zeit wir in den letzten Monaten zusammen verbracht haben. In einem Strudel von Arbeit und Verpflichtungen gehen wertvolle Stunden verloren. Stunden, die ich mit Putzen oder sonstigen lästigen Verpflichtungen vergeudet habe. Es ist die Zeit, die wir uns alle nehmen sollten. Zeit für Kinder, Familie und Freunde, Zeit um die Natur zu entdecken. Nicht in riesigen Freizeitparks mit kilometerlangen Warteschlangen vor riesigen Achterbahnen. Zeit um zuzuhören, gerade unseren Kindern und auch mal auf die leisen Töne achten, um dem Wesentlichen mehr Bedeutung zu schenken.

Fazit: Nicht Geld macht glücklich. Es ist die Freundschaft und das Leben mit christlichen Werten.