Freitag, 13. Dezember 2013

Niederlage von Estrela in Straßburg: Folgen Taten auf nationaler Ebene?

Mathias von Gersdorff

Die deutschen Christdemokraten, also die CDU und die CSU, sowie die weiteren Mitgliedsparteien der „Europäischen Volkspartei“, sind Stolz darauf, „Estrela“ und damit ein europaweites „Recht auf Abtreibung“ und eine europaweite ultraliberale Sexualkunde verhindert zu haben.

Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat nun ihre Kollegen im Europäischen Parlament in einer öffentlichen Stellungnahme für ihre Entscheidung, Estrela abzulehnen, gelobt mit folgender Begründung: „Denn dieser hatte unter dem Oberbegriff der 'sexuellen und reproduktiven Gesundheit' ein Recht auf Abtreibung festgeschrieben und dieses als Handlungsziel europäischer Politik erklärt“.

Die Forderung eines solchen Pseudorechts steht der gesetzlichen Lage mehrere Mitgliedsländer entgegen. In einigen EU-Ländern ist Abtreibung entweder verboten oder nur unter sehr restriktiven Bedingungen möglich.

In vielen anderen Ländern ist Abtreibung zwar zugelassen, doch keineswegs als Recht anerkannt.

In Deutschland ist Abtreibung sogar rechtswidrig.

Die CDU/CSU fordert in ihrer Stellungnahme zur Ablehnung „Estrelas“: Nach unserer festen Überzeugung darf es in einem rechtsstaatlichen Europa kein Recht auf Tötung ungeborener Kindern geben.

Wenn das Wort „Rechtsstaat“ fällt, fragt man sich allerspätestens, was denn unsere C-Politiker damit meinen. Denn ein Rechtsstaat existiert dann, wenn Grundrechte nicht nur anerkannt, sondern auch tatsächlich geschützt werden.

Dass dies in Deutschland nicht der Fall ist, muss nicht lange erläutert werden: Bei uns können Abtreibungen straffrei durchgeführt werden. Obwohl sie rechtswidrig sind und obwohl laut Verfassung der Mensch von der Zeugung an ein Recht auf Leben besitzt, gibt es seitens der Politiker kein Aufschrei gegenüber der Tatsache, dass jährlich laut Statistik etwa 120.000 ungeborene Kinder getötet werden.

Im Koalitionsvertrag ist dieser Sachverhalt mit keinem Wort erwähnt.

Dass Abtreibung „rechtswidrig, aber straffrei“ ist, wird zunehmend zu einer leeren Formel. Für viele Menschen „auf der Straße“ existiert schon ein „Recht auf Abtreibung“. Aus der Sicht des Schutzes des Rechtsstaates ist es unverantwortlich seitens unserer Politiker, dass sie nichts gegen die Korrosion des Bewusstseins für den Rechtsstaat und für das elementare „Grundrecht auf Leben“ unternehmen, und seien es nur Sonntagsreden.

„Estrela“ – so radikal und haarsträubend dieser Entschließungsvorschlag auch war – war kein Zufall, sondern er ist Ausdruck des Verfalls für den Sinn und den Wert für die Grundrechte in Europa.

Wenn die C-Politiker ein „Estrela 2.0“ verhindern wollen, müssen sie mehr leisten, als bloß eine Pressemeldung im Internet zu veröffentlichen.