Montag, 12. August 2013

Cybermobbing – bloßgestellt im Netz

Was genau ist Cybermobbing? Darunter versteht man die systematische Belästigung, Bedrohung oder Bloßstellung einer Person über einen längeren Zeitraum hinweg mithilfe neuer Kommunikationsmedien. Der Unterschied zum Mobbing besteht darin, dass man den Hänseleien auf dem Schulhof zumindest entkommen konnte. Das ist beim Cybermobbing nicht möglich, weil die Beleidigungen den Betroffenen bis nach Hause in sein Zimmer auf seinen Computer oder Handy verfolgen.

Cybermobbing endet auch nicht in den eigenen vier Wänden

96 Prozent aller Jugendlichen besitzen heutzutage ein Handy. Fast die Hälfte davon ist mittlerweile mit einem Smartphone unterwegs. Die Vernetzung von virtuellem mit realem Leben wird für Jugendliche immer bedeutsamer. Wo sie stehen und gehen, sie sind rund um die Uhr erreichbar. Dank mobilem Internet und sozialen Netzwerken wie Facebook sind sie immer auf dem neuesten Stand. Was viele Jugendliche allerdings unterschätzen, ist die Reichweite der Informationen, die sie im Internet von sich preisgeben. Bei durchschnittlich 272 Freunden pro Facebook-Profil erreichen Videos, Bilder und Statusmeldungen durch die Vernetzung der Profile eine größere Menge an Zuschauern, als sie sich selbst vorstellen können. Cybermobbing fängt meist mit kleinen Attacken an, kann aber auch sehr schnell viel größere Ausmaße erreichen.

Dass dieses digitale Phänomen sogar tödlich sein kann, weiß man seit Oktober 2012. Damals beging die kanadische Schülerin Amanda Todd im Alter von 15 Jahren Selbstmord, nachdem sie Opfer von Cybermobbing wurde. Das Mädchen hatte in einem Chat per Webcam vor einem Fremden ihren Oberkörper entblößt und war von dem Mann anschließend erpresst worden. Der Täter veröffentlichte und verbreitete ihr Bild, weshalb sie in gleich mehreren Schulen gemobbt wurde.

Um aufzuklären, wie vor einem solch schlimmen Vorfall vorzubeugen ist, fand in Günzburg die Tagung „Bloßgestellt im Netz - Planspiel zur Prävention von Cybermobbing“ statt. Organisiert wurde die Veranstaltung vom Präventionsnetzwerkes „Stark zusammen“. Die Referentin der Tagung, Esther Christmann, hat hierfür mit ihrer Kollegin Petra Wilebnowski ein Planspiel entwickelt, das Fällen von Cybermobbing vorbeugen soll. Dieses Planspiel stellte die Medienpädagogin aus Regensburg etwa 20 Lehrern, Schulpsychologen, Stadtjugendpflegern und Mitgliedern des Präventionsnetzwerkes vor.

Bei der Tagung ging es darum, das sich die Jugendlichen – in dem Fall die Besucher der Tagung – in eine Cybermobbing-Situation hineinversetzen und in die Rolle eines fiktiven, gemobbten Siebtklässlern schlüpfen. Durch die Opferperspektive erlebten die Erwachsenen selbst, welche Gefühle Beleidigungen hervorrufen und sprachen über die psychologischen Auswirkungen. So fühlten sich die Opfer schnell unsicher, betrogen oder waren wegen ihrer Machtlosigkeit wütend. Doch auch die fiktiven Täter, die oft aus dem unmittelbaren Freundeskreis der Betroffenen kommen, fühlten sich in dem Planspiel immer unsicherer und weniger stark, je unkontrollierter das Mobbing wurde. Viele Täter sind dann schnell der Meinung, dass sie nicht mehr zurückkönnen und sagen dann eisern: Ich war es nicht. 


Freunde, Eltern und Lehrer wissen oft nicht wie sie reagieren sollen

Durch das Spiel erfuhren die Tagungsteilnehmer, wie schrecklich es sich anfühlt, wenn Unwahrheiten oder ungewollte Fotos von ihnen selbst verbreitet werden. Außerdem lernten sie weitere Perspektiven kennen, von Freunden, Eltern, Lehrern, die oft nicht wissen, wie sie in solchen Fällen reagieren sollen. Sie haben es oft schwer, mit verängstigten Opfern und aggressiven Tätern klärende Gespräche zu führen. Das Planspiel hat sein Ziel dann erreicht, wenn das Gruppenklima gestärkt ist und die Jugendlichen wissen, welche Gefahren Cybermobbing mit sich bringen kann.

Man kann sich und sein Umfeld vor digitalem Mobbing am wirkungsvollsten schützen, indem man die Einstellungen in den sozialen Netzwerken genau überprüft. Ziel muss sein, dass man bestimmte Informationen nur seinen besten Freunden preisgibt. Wichtig ist auch, seine Passwörter auf keinen Fall weiterzugeben, auch nicht an den Freund. Denn es gibt Fälle, in denen der Rachefeldzug nach einer Trennung bei Facebook damit beginnt, dass das Profil der Ex-Freundin systematisch zerstört wird. Ein sicheres Passwort enthält im Übrigen mindestens acht Zeichen, darunter sollte mindestens ein Sonderzeichen vertreten sein.

Einige Tipps konnte Esther Christmann dennoch geben: „Auf keinen Fall direkt auf die Attacke reagieren, denn dies beabsichtigt der Täter“. Zudem kann man bei Facebook den „Freund“ blockieren oder die Freundschaft kündigen, damit der Täter keinen Kontakt mehr zum Opfer aufnehmen kann. Der nächste Schritt sei dann, das Mobbing zu melden und sich einer erwachsenen Person anzuvertrauen, die einem mit Rat und Tat zur Seite steht.

Mit Material der: Augsburger Allgemeinen