Sonntag, 9. Juni 2013

MdB Norbert Geis zum Gesetzentwurf zur vertraulichen Geburt

Norbert Geis, MdB, im Blog der CDU/CSU Fraktion im Bundestag

In dieser Woche haben wir endlich den Gesetzentwurf zur vertraulichen Geburt verabschieden können. Seit 1999, also seit Einführung der Babyklappen, bemühen wir uns im Parlament , sowohl  für die Babyklappe als auch die anonyme Geburt eine gesetzliche Regelung zu finden. Dies gelingt auch mit diesem Gesetzentwurf nicht, aber er stellt die vertrauliche Geburt als Angebot neben die anonyme Geburt und die Babyklappe.

Es ist ein menschlicher Ausnahmezustand, in dem sich diese Mütter unmittelbar nach der Geburt befinden. Sie bekommen ein Kind, das sie, aber besonders oft eben auch der Partner, nicht haben wollen. Aus der Hilflosigkeit und Verzweiflung entsteht die Bereitschaft und der Gedanke, das Kind in eine Babyklappe zu legen bzw. anonym auszusetzen. Im schlimmsten Fall kommt es zur Tötung.

Die Babyklappe kann und darf aber keine Dauerlösung sein. Dies schon allein deshalb nicht, weil die Mutter völlig allein, ohne Unterstützung einer ausgebildeten Kraft, das Kind zur Welt bringt. Dies birgt für Mutter und Kind unkalkulierbare Gefahren. Die Skepsis gegenüber der Babyklappe liegt aber auch darin begründet, dass die Mutter später keine Chance mehr hat, mit dem Kind Kontakt aufzunehmen und weil das Kind niemals mehr erfahren kann, wer seine Mutter, wer seine Eltern sind. Wegen all dieser Gefahren haben freie und kirchliche Träger und vor allem Krankenhäuser die anonyme Geburt angeboten. Hier kann die Frau unter ärztlicher Aufsicht und Mitwirkung von Fachkräften ihr Kind zur Welt bringen. Das Kind wird dann in die Fürsorge und die Vormundschaft des Jugendamtes gestellt. Bei der anonymen Geburt ist es der Mutter nach wie vor möglich, Kontakt mit ihrem Kind zu haben.

Der Entwurf verbietet die Babyklappe und die anonyme Geburt also zunächst nicht. Dies, obwohl es Missstände gibt und gute Argumente dafür sprechen, ein Verbot der Babyklappe oder der anonymen Geburt auszusprechen. Die Betreiber von Babyklappen unterliegen keinen festen Standards und bewegen sich oft in einer rechtlichen Grauzone. Der Gedanke, dass hier Handel mit Kindern betrieben wird, ist naheliegend. Ziel des Entwurf ist es daher, nach einer 3-jährige Evaluation zu entscheiden, ob die beiden Möglichkeiten für die Anonymität der Frau bei einer Geburt erhalten bleiben oder verboten werden müssen. In diesem Entwurf geht es allein darum, die Anonymität der Mutter im Regelwerk einer vertraulichen Geburt zu sichern und zugleich das Interesse des Kindes an der Kenntnis seiner eigenen Identität umzusetzen. Das Wohl des Kindes muss aber bei allen Überlegungen im Vordergrund stehen.

Es ist ein Grundrecht des Kindes seine Herkunft zu erfahren. Aus vielen Studien wissen wir, dass es ganz entscheidend für die Entwicklung der eigenen Identität darauf ankommt, zu wissen, wer Vater und Mutter sind. In dem jetzt vorliegenden Entwurf der vertraulichen Geburt wird der Versuch unternommen, dem Bedürfnis der Mutter, anonym zu bleiben und zugleich dem Interesse des Kindes auf Kenntnis seiner Abstammung Rechnung zu tragen, einen vernünftigen Ausgleich zu finden.

Da die Anonymität zunächst für die betroffene Frau in ihrer Not von aller größter Bedeutung ist,  sieht das Gesetz das Angebot einer anonymen Beratung vor. Anlaufstellen für diese Beratung sind die Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen. Durch entsprechende Werbung und durch die Online-Dienste rund um die Uhr, ist es der in Not geratenen, schwangeren Frau möglich, jederzeit kurzfristig zu einer solchen Beratungsstelle vermittelt zu werden.

In der Beratung wird die Frau darauf hingewiesen, welch entschiedenes Grundrecht das Kind auf Kenntnis seiner Herkunft hat und welche Rechte auch dem Vater zustehen. Will die Frau dennoch anonym bleiben, kann sie das Kind mit ärztlicher Betreuung zur Welt bringen. Das Jugendamt nimmt das Kind in Obhut und übernimmt die Vormundschaft.

Gibt die Frau aber im Laufe  der Beratung die Anonymität auf, dann gelten die im Gesetz dafür vorgesehenen Regelungen. Das Kind kann demnach nach 16 Jahren Einsicht in die Personalien der Mutter erhalten und damit Auskunft über seine Herkunft erhalten. Nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen kann die Mutter diesem Recht widersprechen.

Mit dieser Regelung der so genannten vertraulichen Geburt ist es nach meiner Auffassung gelungen, das Bedürfnis der Mutter nach Anonymität und das Recht des Kindes auf Kenntnis seiner Herkunft in einen angemessenen Ausgleich zu bringen.