Montag, 25. März 2013

Schulpolitik in Deutschland – immer noch ohne klare Linie

Christiane Jurczik

Zwölf Jahre nach dem schlechten Pisa-Ergebnis bestimmen die Elternwünsche mehr denn je die Bildungspolitik in Deutschland. Ergebnis: Vieles wird anders, wenig wird besser. Und die Zahl der Schulformen wächst.

Die Schullandschaft in Deutschland wird immer bunter, aber nicht unbedingt besser. Die jahrelangen Auseinandersetzungen darüber, welche Schulformen die Besten sind, enden nun damit, dass alle machen, was sie gerade für richtig halten. Konzeption sieht anders aus.

Immer mehr Wissenschaftler, Politiker und Lehrer kommen zu der Erkenntnis, dass es vor allem auf die individuelle Förderung der Kinder ankommt. Mit gut ausgebildeten, motivierten Lehrern in ausreichender Anzahl, lässt sich dies im Grunde genommen an jeder Schulform umsetzen. Die Bildungspolitiker sind dazu übergegangen, Eltern und Schüler abstimmen zu lassen. Dies führt beispielsweise dazu, dass immer mehr Länder neben dem Abitur nach der zwölften Klasse auch das Abitur in 13 Schuljahren wieder zulassen.

Gut gedacht – schlecht gemacht

Die Idee, Schüler nach zwölf Jahren Abitur machen zu lassen, war nicht schlecht, aber typisch für die deutsche Bildungslandschaft umgesetzt: Statt ein Konzept zu schreiben, die Lehrpläne zu überarbeiten und den zusätzlichen Unterricht auf Vor- und Nachmittage zu verteilen, wurde der Stoff von drei Jahren in zwei Jahre gestopft. Nun wird Tag für Tag in sechs bis acht Schulstunden das Lehrmaterial in die Schüler gestopft, viel zu oft ohne Mittagspause.

Klar, dass einen solch gestrafften Stundenplan nur die Jugendlichen bewältigen, die entweder sehr begabt sind oder sehr viel Unterstützung aus dem Elternhaus haben.


Das Engagement der Eltern ist für den Schulerfolg in Deutschland immer noch sehr wichtig. Obwohl alle Studien belegen, dass unser Schulsystem soziale Ungleichheit nicht ausgleicht, ist in diesem Bereich bislang kaum etwas geschehen.

Im Gegenteil: Bildungsexperten führen die gestiegenen Leistungen der Schüler nach den schlechten Ergebnissen der ersten Pisa-Studie darauf zurück, dass Eltern mit ihren Kindern zu Hause noch mehr arbeiten. Wer also privat nicht gefördert wird, gerät immer mehr ins Hintertreffen.

Drei wichtige Ergebnisse aus dem Bildungsbericht 2012:

1. Die Altersstruktur des Personals an den Bildungseinrichtungen lässt für die nächsten Jahre einen hohen Bedarf erkennen. Gegenwärtig sind 38 Prozent der Beschäftigten in allen Bildungseinrichtungen und 48 Prozent der Lehrkräfte im Schulwesen 50 Jahre und älter.
2. Schwierige häusliche Bedingungen sind für den Bildungserfolg weiterhin ein großes Problem. In einem bildungsfernen Elternhaus, einer finanziellen oder einer sozialen Notlage wachsen in Deutschland noch immer 29 Prozent aller Kinder und Jugendlichen auf.
3. Jeder Fünfte kann nicht gut lesen. Trotz deutlicher Verbesserungen bleibt der Anteil schwacher Leser und Leserinnen mit 19 Prozent der Schülerinnen und Schüler hoch.


Während Politiker vorgeben, sie müssten sich angesichts des demographischen Wandels auf sinkende Schülerzahlen einstellen, erleben wir eine muntere Vermehrung der Schularten. Hier stellt sich der Wunsch nach Mut und Konsequenz für eine Struktur im Bildungssystem ein.


Zahlenmaterial aus: RP.ONLINE