Montag, 3. Dezember 2012

Das gespaltene Denken der Linken: Abtreibung ja, Geschlechtsselektion durch Abtreibung nein

Die linksalternative „taz“, die sich immer für die straffreie Tötung ungeborener Menschen eingesetzt hat, ist nun besorgt, dass zu viele Mädchen abgetrieben werden

Für die „taz“ war Abtreibung schon immer ein „Recht der Frauen“, aber wenn nun dieses „Recht“ benutzt wird, Mädchen abzutreiben, hört der Spaß offenbar auf.

Empört wird in der Reportage „Eine mutige Kämpferin“ vom 28. November berichtet, dass entsprechend einer indischen Studie 12 Millionen Mädchen in Indien in den letzten zwanzig Jahren nicht geboren worden sind. Ihre Familien hätten sich einen Jungen und kein Mädchen gewünscht. Die „taz“ vermutet, die Zahl sei erheblich höher.

In der Sache hat die „taz“ tatsächlich Recht. Nach Angaben der Vereinten Nationen fehlen heute schon 85 Millionen Mädchen allein in Indien und China. Die Pränataldiagnostik, vor allem die Ultraschalluntersuchung, ermöglicht heute frühzeitig die Feststellung des Geschlechts des Ungeborenen, wodurch viele Mädchen vor der Geburt getötet werden.

Dies ist ein weiterer Beweis, dass sich die Liberalisierung der Abtreibung in jeglicher Hinsicht negativ für die Frau ausgewirkt hat. Die Abtreibung wurde von der Frauenbewegung gefordert mit der Begründung, nur so würde die Frau sich vom Mann emanzipieren können. In Wahrheit ist sie noch abhängiger geworden, denn nun ist es für die Frau noch schwieriger, sexuelle Kontakte abzulehnen. Immer früher müssen Mädchen sexuell aktiv werden, um nicht ausgeschlossen zu werden. Und noch vor dem geschlechtsreifen Alter lernen sie inzwischen, sich sexuell anziehend zu kleiden und zu schminken. Diese Entwicklung war schon zu Beginn der sog. „Sexuellen Revolution“ absehbar.

Aber nun, wo auch evident wird, dass die Abtreibung insbesondere die ungeborenen Mädchen trifft, scheinen bei manchen Linken die Alarmglocken zu läuten.

Der „taz“-Bericht erzählt ausführlich den Kampf, den die Inderin Mitu Khurana führen musste, um ihre Töchter behalten zu dürfen. Ihr Mann wollte sie zur Abtreibung zwingen, nachdem die Ultraschalluntersuchung ergab, sie würde weibliche Zwillinge erwarten.

Vor allem in Asien führt die vorgeburtliche Diagnostik zur Abtreibung von Mädchen. Die gezielte Tötung ungeborener Mädchen wird als „Genderzid“ oder „Femizid“ bezeichnet. Doch auch in europäischen Ländern mit hohem Anteil von Menschen asiatischen Ursprungs ist der Anteil der abgetriebenen  Mädchen überproportional.

Die „taz“ endet die Reportage fatalistisch: „„Wir töten heute mehr ungeborene Mädchen, als Hitler oder Stalin an Opfern verursachten. Aber hier in Indien schreit niemand auf und niemand wird dafür bestraft“, sagt Mitu Khurana. Das ist ihre ungeheuerliche Lagebeschreibung. Doch sie basiert auf eigener Erfahrung. Ihre Töchter leben zwar. Aber ihrem Mann ist bisher nichts geschehen – wie Millionen anderen, die ihre Töchter auf dem Gewissen haben“.

Erstaunlich, dass die „taz“ das Gewissen der Väter anspricht. Wieso spricht sie nie das Gewissen der Eltern – Mütter und Väter - in Deutschland oder sonst wo, die ihre ungeborenen Kinder töten lassen?

Ausdrücklich wird im Artikel kein Verbot der Geschlechtsselektion durch Abtreibung gefordert. Wie könnte die „taz“ auch? Dann würde das linksalternative Blatt ja zugeben, dass durch Abtreibung tatsächlich real existierende Menschen getötet werden, denn nur solche besitzen ein Geschlecht.

Implizit will man wohl so was wie eine subjektive Indikationslösung eingerichtet haben: Abtreibung darf nur unter bestimmten Motiven erlaubt sein. Eines Tages wird uns wohl die „taz“ noch erklären, wieso behinderte Menschen vorzugsweise getötet werden dürfen, Mädchen aber nicht.

In der „taz“-Reportage mehrmals das Word „Mord“ vor: „Die Motive für den Mord an den ungeborenen Töchtern entstammen einer sehr zeitgemäßen Einstellung – man will große Hochzeiten, große Geschenke und einen stolzen Sohn, aber keine wirtschaftlich unnütze Tochter. Es geht um eine Brutalisierung der individuellen Einstellung zum menschlichen Leben, wie sie erst die Modernisierung hervorbringen konnte“. Zitiert wird hier Shanta Sinha, Vorsitzende der Nationalen Kommission für Kinderrechte in Indien. Sie setzt sich seit vielen Jahren für Kinderrechte ein. Die „taz“ lässt offen, ob sie generell gegen Abtreibung ist. Doch Ihre Begründung würde das vermuten lassen: Die „zeitgemäße Einstellung“, die „Brutalisierung der individuellen Einstellung zum menschlichen Leben“.

An dieser Stelle in der Reportage wäre eine Auseinandersetzung mit der Praxis der Abtreibung angebracht gewesen, doch die „taz“ will offensichtlich das Thema umgehen. Sie weiß, dass sie sich entweder gegen alle Abtreibung aussprechen muss oder sich heillos in Widersprüche verheddert.

Die „taz“ wählt das Schweigen, wie das schon so oft Menschen aus Menschenfurcht in der Geschichte gegenüber Ungerechtigkeit und Grausamkeit getan haben.

Einmal mehr wird eines klar: Das Recht auf Leben ist unteilbar. Alle Menschen: Männer, Frauen, gesunde und behinderte Menschen besitzen es. Wenn man ein Gesetz einführt, das dieses Recht verletzt, löst man eine Lawine aus, die nicht mehr zu halten ist. Immer größere Grausamkeiten und Ungerechtigkeiten werden vollbracht. Nur die Erkenntnis, dass Abtreibung verboten werden muss, kann diese Lawine stoppen.