Donnerstag, 4. August 2011

„Bankrotterklärung“: Scharfe Kritik am Urteil des Bundesgerichtshofs

Felizitas Küble, Vorsitzende des Christopheruswerks in Münster

Am 2. 8. 2011 veröffentlichte der BGH ein Urteil, wonach Alleinerziehende nach einer Scheidung normalerweise ganztags arbeiten müssen, wenn für ein Schulkind eine Betreuungsmöglichkeit besteht.

Im gerichtlich entschiedenen Fall ging es um die geschiedene Mutter einer Schülerin der 2. Klasse; wobei die Mutter halbtags arbeitete und von ihrem Ex-Mann zusätzlich einen Unterhalt von 440 € im Monat erhielt. Er wollte den vereinbarten Betrag nicht mehr bezahlen und begründete dies damit, daß seine Ex-Frau ganztags arbeiten solle.

Das Amtsgericht Grevenbroich sowie Oberlandesgericht Düsseldorf hatten die Klage des geschiedenen Vaters zuvor abgewiesen.

Doch der Familiensenat (!) des Bundesgerichtshofs folgte der Ansicht des Klägers und verwies diese Causa zurück ans Oberlandesgericht. Dieses habe „keine durchgreifenden individuellen Einzelumstände angeführt“, warum das Kind am Nachmittag von der Mutter persönlich betreut werden müsse, erklärte der Senat.

Hartmut Steeb, Generalsekretär der Evangelischen Allianz, bezeichnete dieses Urteil des BGH unterdessen als eine „Bankrotterklärung der Richter gegenüber Ehe, Familie und Kindern“. Das Kindeswohl sei offenbar nicht mehr entscheidend für die Urteilsbildung.

Die Evangelische Allianz ist ein Dachverband evangelikaler (bibelorientierter) Gemeinden, Gruppen und Persönlichkeiten landeskirchlicher (lutherischer und reformierter) sowie freikirchlicher Herkunft.

Der Allianz-Chef bewertete den Richterspruch überdies als „Hofierung untreuer Männer“ und als Schlag gegen Frauen, zumal in neun von zehn Fällen dieser Art die Mutter alleinerziehend sei. Steeb äußerte die Hoffnung, daß das Bundesverfassungsgericht angerufen wird und „die Politiker endlich aufwachen“.

Steeb sieht eine Lösung in der vom früheren baden-württembergischen Ministerpräsidenten Erwin Teufel (CDU) ins Gespräch gebrachten Bezahlung der Erziehungstätigkeit von Eltern. Dann hätten zumal die Mütter eine ordentliche „Erwerbsbiographie“ – und Männer könnten sich nicht so leicht aus der Verantwortung stehlen.