Sonntag, 1. Mai 2011

Fernsehserien: Die TV-Clique

Fernsehserien gehören zu den beliebtesten Fernsehformaten von Jugendlichen. Insbesondere sogenannte „Coming of Age Serien“, in der das Leben von Jugendlichen in der Adoleszenz nachgebildet wird, gehören zu den am meisten angeschauten Programmen und deshalb auch zu denjenigen mit dem größten Einfluß auf die Entwicklung der Heranwachsenden. Leider, denn was dort Kinder und Jugendlichen „lernen“ ist zumeist unmoralisch und schlichtweg desorientierend, nicht nur aufgrund des äußerst liberalen Sexualverhaltens etlicher vieler Fernsehfiguren, sondern wegen des gezeigten unchristlichen Lebensstils schlechthin – christliche Jugendliche, wenn sie überhaupt vorkommen, sind meistens Witzfiguren.

Nun werden die Fernsehserien aus wissenschaftlichem Interesse schärfer unter die Lupe genommen. Prof. Dr. Frank Kelleter, Inhaber des Lehrstuhls für Nordamerikastudien an der Universität Göttingen, leitet das Projekt „Ästhetik und Praxis populärer Serialität“, das Fernseh-, Heft- und Comicserien untersucht. In der April 2011-Ausgabe von „Psychologie Heute“ erklärt Kelleter, wieso Fernsehserien für viele so attraktiv seien.

In den Serien begegnen die Zuschauer Woche für Woche oder gar tagtäglich ihnen bekannte Fernsehfiguren, zu denen sie schon eine emotionale Beziehung aufgebaut haben, die sogar als Freundschaft empfunden werden kann. Serienzuschauer geben oft an, daß sie mehr Freunde haben, als sie tatsächlich besitzen. Sie Serien liefern den Zuschauern eine übersichtliche Welt, die sie leicht verstehen könne, in denen die Beweggründe der Figuren nachvollziehbar sind, in denen ähnliche Probleme thematisiert werden, wie sie auch im wirklichen Leben auftauchen. Auf diese Weise fühlt sich der Zuschauer eingebunden, er fühlt sich quasi Teil der Clique, er findet die vertrauensvolle Atmosphäre, die er sucht. Mediensoziologen sprechen von „Parasozialen Beziehungen“ – Beziehungen zu Menschen, die man nicht kennt oder gar nicht existieren, aber in der Phantasie wie reale Personen existieren.

Es ist klar, daß Jugendliche, die nicht genug oder gar keine Freunde haben, sich besonders von diesen Fernsehformaten angezogen werden. Doch das muß nicht sein, denn viele Zuschauer sind auch im wirklichen Leben in Cliquen und sonstige Bekanntenkreise eingebunden und gesellen ihre „Fernsehfreundschaften“ zu den tatsächlichen Freundschaften.

Wesentliches Merkmal der Fernsehserien ist ihre Serialität, ihre ständige Wiederkehr. Kelleter weist auf den Kulturwissenschaftler Raymond Williams hin, der 1974 (Television: Technology and Cultural Form) behauptet hat, daß das fernsehen weniger wegen seine Inhalte gekennzeichnet sei, sondern wegen seines Flusses, seines „flows“ in Englisch. Somit ist für den Jugendlichen das Schauen seiner Lieblingsserien eine Begegnung mit seiner Clique und er will Woche für Woche wissen, wie sich die Probleme und sonstige Handlungsstränge fortentwickelt haben.

Aus einer christlichen Perspektive ist dies äußerst besorgniserregend, weil auf diese Weise der Heranwachsende enorm von den Fernsehserien beeinflußt wird. Die Serien liefern ihm nämlich Analysen und Lösungskonzepte für die existentiellen Probleme des Alltags, die praktisch frei sind von christlichen Werten und Prinzipien.