Donnerstag, 3. März 2011

Liechtenstein: Erzbischof Wolfgang Haas gegen Liberalisierung der Abtreibung


Stellungnahme des Erzbistums Vaduz zur Initiative "Hilfe statt Strafe"

An sich ist die Haltung der katholischen Kirche zur Abreibung bzw. zu einer sogenannten "Fristenlösung" hinlänglich bekannt. Die zahlreichen lehramtlichen Äusserungen dazu sind eindeutig. So heisst es z.B. in der Pastoralkonstitution des Zweiten Vatikanischen Konzils (Gaudium et Spes 51,3): "Das Leben ist daher von der Empfängnis an mit höchster Sorgfalt zu schützen. Abtreibung und Tötung des Kindes sind verabscheuungswürdige Verbrechen". Dennoch sei hier zur Initiative "Hilfe statt Strafe" folgendes angemerkt:

1. Der Titel selbst insinuiert, dass ohne die Annahme dieser Initiative Eltern bzw. Mütter, die durch eine Schwangerschaft in eine Notlage geraten, keine hinreichende Hilfe oder Beratung erfahren würden. Das ist eine Desavouierung der bereits bestehenden umfassenden Hilfsangebote bezüglich Beratung und materieller Hilfe, die durch die Einführung einer sogenannten "Fristenlösung" keineswegs verbessert würden. Ehrlicherweise müsste die Initiative heissen: "Straffreiheit statt Strafe" oder noch konkreter "Initiative für straffreies Töten".
2. Durch die Annahme der Initiative würde nämlich die staatlich verordnete und geregelte Beratung schwangerer Frauen zur Tötungslizenz: Wer eine Beratung bestätigt, ermöglicht dadurch die straffreie Tötung eines Kindes. Das ist mit dem fünften Gebot Gottes "Du sollst nicht töten" völlig unvereinbar. Wenn man bedenkt, dass Strafgesetze nicht nur eine praktischen, sondern auch eine bewusstseinsbildende Funktion haben, heisst dies: Ein Staat, der das Töten von unschuldigen Menschen unter bestimmten Umständen legalisiert, macht damit für die Einwohner deutlich, dass das Leben des Menschen für den Staat nicht mehr zu den höchsten und schützenswertesten Gütern zählt.

3. Welchen Unterschied macht es, ob ein Kind 12 Wochen, d.h. 84 Tage, oder 85 Tage alt ist? Im einen Fall darf es legal getötet werden, im anderen Fall wäre es Mord durch die Ärztin oder den Arzt: Die bezahlte Tötung eines Menschen im Auftrag Dritter wird üblicherweise als Auftragsmord bezeichnet. Die Frist von zwölf Wochen ist gänzlich willkürlich. Für das Kind ändert sich in der Sekunde, in der es den 84. Tag seines Lebens vollendet, nichts Wesentliches, für die Gesellschaft, in der es lebt, hingegen schon: Vorher darf es legal umgebracht werden, danach ist sein Leben strafrechtlich geschützt. Das ist schlichtweg als absurd zu bezeichnen.

4. Aus den erwähnten Gründen lehnt die katholische Kirche im Erzbistum Vaduz - genauso wie es die katholischen Bistümer in den umliegenden Ländern taten und tun - die Einführung einer Fristenlösung mit oder ohne Beratungspflicht ab, weil sie gegen das fünfte Gebot Gottes verstösst: Du sollst nicht töten.