Montag, 29. November 2010

Buchbesprechung - Beschämender Rachefeldzug: „David Berger, Der heilige Schein. Als schwuler Theologe in der katholischen Kirche“

Gertrud Dörner

Er ist zutiefst zu bemitleiden: der „schwule Theologe“ David Berger, der nach nunmehr rund zwei Jahrzehnten sein Doppelleben, konservativ-fromm und gleichzeitig schwul zu sein, aufgeben mußte und sich wohl einem erheblichen Selbstrechtfertigungsdruck ausgeliefert sieht.

Seit ich ihn kenne, ist er in „erz-konservativen“, also, richtig gesagt, im wesentlichen weitgehend papst-und lehramtstreu orientierten Kreisen nicht nur beheimatet, sondern auch anerkannt und gefördert worden. Und jetzt diskriminiert und desavouiert er genau diese Menschen.

Seit er sich als schwul anerkennt, sieht er nur noch Schwule um sich herum, besonders natürlich und primär unter den „erz-konservativen“ Klerikern, also der Richtung, der er selbst angehörte. Folgt man seiner Darstellung, gewinnt man den Eindruck, sämtliche Kleriker sind so, und wenn nicht direkt praktizierend schwul, dann doch zumindest latent. Psychologisch betrachtet, nennt man das „Projektion“, ein Begriff, der bei Berger immer wieder auftaucht, aber natürlich im Bezug auf alle anderen, denen er genau dies als Verdrängungsmechanismus unterstellt. Übrigens eine in „Psycho-Kreisen“ bewährte Methode, Kritik von vornherein unmöglich zu machen.

Nun, welche Beweise für diese und viele andere Behauptungen liefert Berger? Die Antwort ist einfach: keine! Sein gesamter Text besteht aus unbelegten und bestenfalls als subjektive „Erfahrungen“ einzuordnenden Meinungen und Tatsachenbehauptungen, dazu immer wieder „Erzählungen“ aus seinen Gesprächen mit Klerikern bis in die höchsten römischen Kreise, denen er raten und helfen darf.

Außer ein paar offiziellen Zeitungstexten und Verlautbarungen fehlen Fußnoten, aber auch mögliche Hinweise im Text. Wissenschaftliche Untersuchungen zur Verbreitung homoerotischer, aber auch heterosexueller Verhaltensweisen im Klerus fehlen völlig. Wunnibald Müller als Gewährsmann reicht da nicht. Für einen Wissenschaftler, der Berger ja sein will, ist dies ein mehr als beschämender Tatbestand. Glaubwürdigkeit kann eine solche Vorgehensweise nicht für sich beanspruchen. Gleichzeitig scheint dieses „Werk“ ein Rachefeldzug zu sein, vielleicht nicht einmal nur im eigenen Namen, wenn man die Themenverteilung und die von Berger Gelobten betrachtet. So verlangt Berger z.B. etwa die Entfernung Prof. Haukes aus dessen Ämtern, weil er ein Anti-Feminist und ein Gegner des Frauenpriestertums ist. Daß beides bei Hauke auf exakten wissenschaftlichen Studien und Untersuchungen beruht und in seiner Argumentation im einzelnen nachvollziehbar ist, stört Berger dabei nicht im geringsten. Hierbei ist die Tatsache, daß Prof. Hauke Berger in vielerlei Hinsicht wissenschaftlich unterstützt und gefördert hat, nicht einmal berücksichtigt. Hier schlägt Berger auch die Hand, die ihm Gutes getan hat.

Vieles ließe sich noch zu diesem Schriftstück sagen, etwa daß Berger durchgehend von homosexueller Veranlagung spricht, also ein „Schwulen-Gen“ annimmt, das nach den Gesetzen der Vererbung kaum eine weitere Generation überstehen dürfte, denn wo sind die „Schwulen-Kinder“?

Wer sich über das Psychogramm eines in seinem Gewissen und seiner gespaltenen Person zutiefst Leidenden informieren und es psychologisch analysieren will, der kann getrost zu diesem Buch greifen. Was er aber dort nicht finden wird, sind exakte und überprüfbare Informationen über die katholische Kirche in allen ihren Kreisen, speziell aber über klerikale Verhältnisse. Hier schwimmt Berger nur mit auf der anti-katholischen Welle.

Wenn man noch einen Beweis brauchte, daß – wie das Alte und das Neue Testament klar sagen – Homoerotik objektiv ein Verstoß gegen Gottes Willen und Gebot ist und bei den Betroffenen letztendlich zu hohem Leidensdruck führt, der hat ihn mit diesem „Machwerk“ Bergers in der Hand.