Dienstag, 2. November 2010

Bayerische Staatsministerin für Justiz fordert schärferes Vorgehen gegen Internetanmache von Pädophilen

Frau Beate Merk, bayerische Staatsministerin für Justiz und Verbraucherschutz, fordert in einem Gastbeitrag für die Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 2. November schärfere Maßnahmen gegen „Cybergrooming“, also die Anmache via Internet. Pädophile verwenden oft Chats und sonstige soziale Netzwerke im Internet, um an Minderjährige zu gelangen. Die Bayersiche Justizministerin bemängelt, daß diese Vorgehensweise schwer polizeilich verfolgt werden kann. Das geltende Recht sei unzureichend, obwohl es an und für sich Cybergrooming verbietet.

Doch die Bestimmungen laufen ins Leere. Das geltende Recht regelt in Paragraph 176 Absatz 4 Nummer 3 des Strafgesetzbuchs, daß sich ein Täter strafbar macht, der auf ein Kind mit Schriften (denen nach Paragraph 11 Absatz 3 des Strafgesetzbuchs Datenspeicher gleichstehen) einwirkt, um es zu sexuellen Handlungen zu bringen.

Deshalb behauptet Beate Merk: „Diese Norm bietet aber keinen lückenlosen Schutz. Der Tatbestand berücksichtigt beispielsweise nicht, dass im Internet Chats möglich sind, ohne dass auf den beteiligten Rechnern mehr als ein Durchlauf der Daten im Arbeitsspeicher erfolgt. Der Straftatbestand ist aber so ausgestaltet, dass er allein bei einer nicht nur flüchtigen Datenspeicherung sicher greift. Ob der Arbeitsspeicher als Datenspeicher ausreicht, ist umstritten. Der Gesetzgeber ist davon wohl ausgegangen, ohne sich mit der in Rechtsprechung und Literatur kontrovers diskutierten Frage auseinanderzusetzen, wann bei Kommunikation in Internet-Chatrooms "Datenspeicher" im Sinne von Paragraph 11 Absatz 3 des Strafgesetzbuchs vorliegen.“

Ein Fahndung wird ebenso erschwert oder unmöglich gemacht, weil die IP-Adressen nicht gespeichert werden. Beate Merk: „In einem Chatroom im Internet wurde offen über die Verbreitung von kinderpornographischem Material und einen Kindesmissbrauch gesprochen. Von dem Chatteilnehmer war nur die IP-Adresse, mit der er sich im Internet angemeldet hatte, bekannt. Eigentlich sollte man hier meinen, dass die Ermittlung des Anschlussinhabers mit Blick auf die bekannte IP-Adresse keine Probleme bereiten sollte. Doch weit gefehlt. Der Internetanbieter teilte auf Anfrage mit, dass die betreffenden Daten nach der Nichtigerklärung der Regelungen zur Vorratsdatenspeicherung durch das Bundesverfassungsgericht nicht mehr gespeichert werden dürfen und daher auch nicht mehr gespeichert würden. Damit war den Strafverfolgungsbehörden der für den Bereich der Internetkriminalität wichtigste und oftmals auch einzige Ermittlungsansatz versperrt.“

Aufgrund einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 2. März 2010 sieht Merk dringenden Handlungsbedarf, doch Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger, die sich mehrmals gegen die Vorratsdatenspeicherung ausgesprochen hat, rührt sich nicht. Dabei hätte das BVerfG ungewöhnlich detaillierte Vorgaben für eine Gesetzesänderung vorgegeben.