Montag, 12. Juli 2010

„Marx & Lolita“: Alice Schwarzer nimmt „dunkle Kapitel“ der 68er unter die Lupe

Felizitas Küble, Leiterin des kath. KOMM-MIT-Jugendverlags in Münster

Die bekannte Feministin Alice Schwarzer hat mit ihren Wortmeldungen in der Mißbrauchs-Debatte der letzten Monate nicht selten für Erstaunen gesorgt, vor allem im linken Spektrum.

Bereits im Februar 2010 nahm die Herausgeberin der Frauenzeitschrift „Emma“ die katholische Kirche in Fernsehauftritten und Stellungnahmen vehement gegen jeden Generalverdacht in Schutz und kritisierte die einseitigen Angriffe gegen die kath. Kirche.

Das Editorial der Frühjahrsausgabe von „Emma“ begann mit den Worten: „Nein, der sexuelle Mißbrauch von Kindern ist keine Erfindung katholischer Patres. Und er hat auch nichts mit dem Zölibat zu tun.“

Zugleich prangerte sie die „sexuelle Revolution“ der 68er an und gab ihr eine erhebliche Mitschuld an den Mißbrauchsfällen in Familie und Gesellschaft. Damit stimmte die prominente Feministin der Sache nach mit dem überein, was zuvor bereits Bischof Walter Mixa geäußert hatte und was ihm einen Sturm der Entrüstung einbrachte, nicht zuletzt seitens der Grünen.

Alice Schwarzer blieb gleichwohl unbeirrt und hielt an ihrer Kritik der 68er fest; im Vorwort der Zeitschrift „Emma“ Nr.2/2010 schrieb sie:

„Kaum hatte die Frauenbewegung…das Recht der Patriarchen über Frauen und Kinder erschüttert, da traten ihre Söhne an und trieben es zum Teil noch toller als die Väter. Den alten Verhältnissen gaben sie nur neue Namen. Was heute endlich als Mißbrauch benannt wird, heißt bei ihnen „Kinderliebe“ und Pädophile waren „Kinderfreunde“.“

In der jüngsten Sommer-Ausgabe (Nr.3/2010) des vierteljährlich erscheinenden Magazins „Emma“ setzt sich die Chefredakteurin erneut sehr kritisch mit dem Sumpfblüten der „Sexuellen Revolution“ auseinander. Unter dem Titel „Zur Leugnung der Machtverhältnisse“ schreibt Schwarzer über Kindesmißbrauch in den 70er Jahren: „Die Opfer waren in dieser Zeit kein Thema. Die Täter waren in der Offensive.“

Politisch besonders brisant sind die folgenden Ausführungen Schwarzers: „So plante die SPD/FDP-Regierung 1980 im Nachklapp zur großen Sexualstrafrechtsreform sogar die ersatzlose Streichung des § 176, der Sexualität mit Kindern unter Strafe stellt.“ - Mit Hilfe von Emma-Protesten sei das Vorhaben jedoch in der parlamentarischen Mottenkiste verschwunden: „Sonst wäre Sexualität mit Kindern in Deutschland heutzutage noch nicht einmal mehr strafbar“, erläutert Schwarzer.

Sodann nimmt die „Emma“-Herausgeberin vor allem die Zunft linksprogressiver Sexualwissenschaftler skeptisch unter die Lupe: „Weite Teil des fortschrittlichen Milieus und auch Mitglieder der geachteten „Deutschen Gesellschaft für Sexualforschung“ - wie der bekennende Pädophile Prof. Helmut Kentler - spielten damals eine fatale Rolle bei dem Versuch der Legalisierung der Sexualität von Erwachsenen mit Kindern. Eine (selbst-)kritische Aufarbeitung dieses dunklen Kapitels auch in der deutschen Sexualforschung ist bis heute überfällig.“

Doch von aufrichtiger Vergangenheitsbewältigung keine Spur - vielmehr geschieht sogar quasi „vor unseren Augen“ das glatte Gegenteil. Alice Schwarzer berichtet hierzu: „Stattdessen veröffentlichte Sexualforscher Volkmar Sigusch jüngst im „Freitag“ seine „Zehn Thesen“ zum sexuellen Mißbrauch. Darin schwärmt er vom „Paradies der Kindheit“, der „Erotik des Leibes und des Herzens“. Pädophile, die sich „Bilder im Internet anschauen, aber nicht ein vorpubertäres Kind sexuell begehren“, findet der Sexualforscher eigentlich harmlos.“

Offenbar verdrängt Sigusch die Tatsache, daß es sich bei Kindersex-Fotos und Videos nicht um Zeichentrickfilme handelt, sondern um real existierende Kinder, die beim Mißbrauch fotografiert werden.

Überdies fragte Alice Schwarzer mit Recht: „Was eigentlich meint Sigusch mit der „kindlichen Erotik“? Erotik impliziert schließlich geschlechtliches Begehren - doch genau das hat ein Kind in diesem Sinne nicht. Es hat eine Sinnlichkeit, ein Bedürfnis nach Zärtlichkeit und Zuneigung - und eine erwachende Sexualität. Aber das ist etwas ganz anderes als die reife Sexualität der Erwachsenen.“

Sodann knöpft sich die „Emma“-Chefin auch die vorherrschenden Medien der 68er vor, nämlich die Tageszeitung „taz“ und die Polit-Postille „Konkret“.

Zur Berliner links-alternativen „taz“ schreibt sie, das Blatt sei „Anfang der 1980er Jahre ein zentrales Forum der Padophilen-Propaganda“ gewesen. Dabei habe das Blatt im linken Lager eine prägende Rolle gespielt: „Die „taz“ war keineswegs nur ein Spiegelbild der herrschenden Verhältnisse; die „taz“ war führend und meinungsbildend bei diesem Thema.“

Auch die ultralinke Monatszeitschrift „Konkret“ wird von Schwarzer schwer aufs Korn genommen. Sie schreibt, das Magazin sei in den frühen 70er Jahren „quasi der Erfinder des medialen Kindersex“ gewesen: „Jedes zweite „Konkret“-Titelbild war mit dieser obszönen Mischung von Marx & Lolita aufgemotzt.“