Mittwoch, 16. Juni 2010

Ohne ideologische Scheuklappen scheint das Elterngeld zu wirken/ Studie der Universität Greifswald vorgestellt

Laut einem Bericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 16. Juni 2010 scheint das von der Großen Koalition unter Federführung von Bundesfamilienministerin Ursula von de Leyen eingeführte Elterngeld dort Wirkung zu zeigen. Von der Leyen steht seit Jahren in der Kritik, weil ihre Familienpolitik nicht zu höheren Geburtenzahlen geführt hat. Ganz im Gegenteil, der Trend ist immer noch fallend.

Dennoch, so die FAZ, kann daraus nicht geschlossen werden, daß das Elterngeld – Kernstück der Leyenschen Familienpolitik – gescheitert sei.

Zur Erinnerung: Die Idee eines Eltergeldes entstand aufgrund der Tatsache, daß insbesondere gut ausgebildete Frauen keine Kinder mehr bekämen. So war anfangs geplant, das Elterngeld nur für höhere Einkommen einzuführen. Eine angesehene Rechtsanwältin muß einen wesentlich höheren Einkommensausfall hinnehmen, als eine Person mit einer einfacheren Beschäftigung. Schließlich wurde aber das Geld aus verteilungspolitischen Gründen für alle eingeführt.

Die FAZ zitiert eine Studie der Greifswalder Universität, der "Survey of Neonates in Pomerania", die nachweist, daß das Elterngeld gerade in Pommern (Greifswald, Anklam und Wolgast) bei Frauen mit höherem Einkommen zu mehr Geburten geführt hat:

„Das funktioniere tatsächlich, meint nun Professor Wolfgang Hoffmann, der Direktor des Instituts für Community Medicine in Greifswald. Die Studie zeige, dass man in der Familienpolitik bei den verschiedenen sozialen Schichten eben auch differenziert vorgehen müsse. Zwar ist bei dem Kriterium Vollbeschäftigung ein Unterschied kaum zu erkennen: Zwei Jahre vor Einführung des Elterngeldes waren 42 Prozent der Mütter berufstätig, zwei Jahre danach 43 Prozent. Sichtbar werden die Unterschiede aber bei Müttern, die ein zweites oder drittes Kind bekamen.

Der Anreiz, ein zweites oder drittes Kind zu bekommen, ist durch das Elterngeld offenbar höher geworden", folgert Hoffmann aus der Statistik. Vor dem Elterngeld bekamen 9,7 Prozent der Mütter mit einem Familieneinkommen von 3000 und mehr Euro ein Geschwisterkind. Zwei Jahre nach Einführung waren es aber mit 14,4 Prozent deutlich mehr. 30 Prozent der Frauen, die ein zweites Kind vor dem Elterngeld bekamen, hatten eine Schulbildung über mehr als zehn Jahre. Nach dem Elterngeld waren es 35 Prozent. Bei Müttern mit dem ersten Kind waren es vor dem Elterngeld 33 Prozent, nach Einführung 37 Prozent mit mehr als zehn Schuljahren. Hoffmann: "Insgesamt haben wir in allen Kriterien für eine berufstätige, gut bezahlte und gut ausgebildete Mutter etwa eine Steigerung um fünf Prozentpunkte." Allerdings müsse dabei immer bedacht werden, dass es sich auch um einen kurzfristigen Effekt unmittelbar nach Einführung des Elterngeldes handeln könne.

Die Zahl der Kinder bei Müttern mit weniger Einkommen und weniger Bildung hat sich allerdings kaum verändert. Eine Wirkung des Elterngeldes sei hier überhaupt nicht ablesbar, sagen die Greifswalder Wissenschaftler.“

Die Sozialministerin Mecklenburg-Vorpommerns, Manuela Schwesig, SPD, nutzte das Ergebnis der Studie, um das Sparpaket der Bundesregierung anzugreifen. „Familien brauchen Unterstützung und dürfen nicht zu Sparschweinen der Nation gemacht werden.“ Die differenzierte Analyse der Studie hinsichtlich des Einkommens und sozialen Hintergrund der Frauen, sein ihr nicht zu interessieren.