Mittwoch, 16. Juni 2010

Neuerscheinung: Krieg den Christen – in Asien, Afrika und Ozeanien; in Europa und in Amerika


Mario Mauro: Guerra ai Cristiani. Le persecuzioni e le discriminazioni dei Cristiani nel mondo. Edizioni Lindau (Turin), 2010

Mathias von Gersdorff

Der italienische Europarlamentarier Mario Mauro (Europäische Volkspartei) in Zusammenarbeit mit Vittoria Venezia und Matteo Forte haben vor wenigen Wochen ein Buch dem italienischen Leserpublikum vorgelegt, das in mehrerer Hinsicht bemerkenswert ist und für manche Kontroversen sorgen wird. Mauro beschreibt mit viel Dokumentation und Zahlenmaterial die Verfolgungen, die Christen in islamischen Ländern, in der Türkei, in den kommunistischen Ländern wie China oder Nordkorea und in Indien erleiden. Die Autoren veranschaulichen, in welchem Klima der Gewalt und unter welchen Risiken die dortigen christlichen Gemeinschaften leben müssen – oft ohne jegliche Unterstützung aus dem Westen.


Doch er bleibt nicht dabei. Etwa die Hälfte des Buches widmet sich der nicht gewaltsamen Verfolgung des Christentum in westlichen Ländern, in denen unter dem Vorwand der Gleichberechtigung oder der Antidiskriminierungsgesetze erlassen werden, die die Freiheit der Religion einschränken wenn nicht gar komplett ins Private verdrängen. Mauro schreibt, daß das moderne Europa nicht frei vom Risiko einer Christophobie sei. Die Versuchung, per Gesetz gegen das Christentum vorzugehen, sei real. Und er weiß wovon er spricht, denn er ist Persönlicher Beauftragter des OSZE-Vorsitzes für die Bekämpfung von Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Diskriminierung, mit besonderem Schwerpunkt Diskriminierung von Christen.

Eine der Wurzeln dieser neuen Christenverfolgung sieht Mauro im voranschreitenden Relativismus, der eine Mentalität generiert, die den festen Werten und Prinzipien des Christentums entgegensteht. Als Beispiele für diesen Relativismus, der sich auch im öffentlichen Leben breitmacht, nennt er das Urteil des Europäischen Gerichtshofes, das Italien das Anbringen von Kreuzen in den öffentlichen Schulen verbieten will. Für Mauro geht es hier nicht bloß um die Kreuze in den Schulen, sondern um das Fundament des Zusammenlebens in Europa. Dessen Wurzeln sind nun einmal christlich, die auch von nichtchristlichen Bürgern für zur Schaffung eines gewissen Konsens, was für ebendieses Zusammenleben notwendig ist, akzeptiert und anerkannt werden muß.

Im Alltagsleben erfahren Christen zunehmend Anfeindungen. So wurde ein Angestellter in England entlassen, weil er ein Bild von Jesus am Arbeitsplatz aufgestellt hat. Die englische Krankenschwester Caroline Petrie wurde entlassen, weil sie einem Kranken Gebete versprochen hat. Aber auch die Mißachtung der elterlichen Erziehungsrechte und die Pflichtteilnahme an Schulkursen wie die Sexualerziehung sind eine Einschränkung der religiösen Freiheit und ein Angriff auf das christliche Gewissen. Auch in vielen Medien wird das Christentum immer verächtlicher oder gar blasphemisch dargestellt. Insbesondere dort wird ein Klima der Intoleranz gegenüber dem Christentum und den Christen geschaffen. Solche Gesetze und Medienberichterstattung drängen das Christentum immer mehr ins Private und beschränken dadurch nicht nur die Religionsfreiheit sondern die Meinungsfreiheit und die politische Meinungsbildung schlechthin.

Antidiskriminierungsgesetze, Gleichstellung der homosexuellen Paare mit der Ehe, laizistische Erziehungsprogramme, die den Religionsunterricht abschaffen (wie in Spanien und in Berlin) sind dabei, immer stärker die christlichen Wurzeln Europas herauszureißen, wobei dafür Sorge getragen wird, daß anhand von Gesetzen gegen Homophobie oder die Einführung eines angeblichen „Rechts auf Abtreibung“ diese Vorgänge schwer rückgängig zu machen sind.

Am schlimmsten ist für Mario Mauro die antichristliche Entwicklung in Zapateros Spanien. In keinem anderen europäischen Land gehört das Antichristliche zur Regierungsphilosophie, die im 37ten Kongreß der Sozialistischen Partei im Jahr 2008 definiert wurde. Damals stellte Zapatero drei Ziele vor: Die Einführung eines Rechts auf Abtreibung, die Entfernung religiöser Symbole aus öffentlichen Plätzen und die Beendigung der Kooperation des spanischen Staates mit der katholischen Kirche, so wie sie in der Verfassung von 1978 festgelegt wurde. Für diese Politik stehen genügend finanzielle Mittel für Organisationen wie der „Fondo Global España-UNPFA“ zur Verfügung, die öffentliche Kampagnen für die die Abtreibung und die Gleichstellung der Geschlechter vornehmen. Spanien „exportiert“ diese Ideologie durch die „Grupo de Interés Español“. Für die Regierung Zapateros ist die Abtreibung bloß eine weitere Verhütungsmethode, die auch Minderjährige ohne Erlaubnis der Eltern benutzen können. Die Kritik aus der katholischen Kirche wird mit dem Hinweis zurückgewiesen, es handele sich um rückwärtsgewandte Bischöfe, die da protestieren.

Immer wieder weist Mauro darauf hin, daß die schärfsten Verfolgungen entstanden, wenn politische Interessen, sprich die absolute Herrschaft der Regierenden, in Frage gestellt wurde. Die Verfolgung Neros ist zwar sehr bekannt, doch die von Decius, Velerian und insbesondere Diokletian waren viel heftiger, weil sie viel durchplanter waren. Sie strebten die vollständige Ausrottung der Christen an. In den modernen Zeiten, seien es die Verfolgungen von Robespierre, der Islamisten oder der Kommunisten, ist das nicht anders gewesen. Der christliche Glaube verhindert die Entstehung einer unwidersprochenen und unangefochtenen weltlichen Macht.

Aus diesem Grund ist Mauro so besorgt um die Zukunft Europas. Denn sollten sich die antichristlichen Tendenzen verstärken, würde der Rechtsstaat gefährdet sein, die Akzeptanz der Grundrechte wäre nicht mehr gesichert.

Dem Buch ist eine weite Verbreitung zu wünschen, denn selten hat ein Mitglied des politischen Milieus derart die Gefahren angesprochen, denen wir heute ausgesetzt sind. Das Buch ist vor wenigen Wochen etwa zum gleichen Zeitpunkt erschienen mit andere, die ähnliche Aspekte der Verfolgung beleuchten, wie beispielsweise Massimo Introvignes Preti Pedofili und René Guittons „Christianophobia“ (Orig. fr. 2009). Es ist zu wünschen, daß diese und weitere öffentliche Stellungnahmen die Öffentlichkeit wachrütteln und sich eine breite Front gegen eine zunehmende Dechristianisierung Europas bildet.