Sonntag, 20. Juni 2010

Bundesministerin Kristina Schröder: Spiegelbild ihrer Generation – Portrait der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung


In ihrer Ausgabe vom 20. Juni 2010 portraitiert die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung FAS Bundesfamilienministerin Schröder und kommt zu dem Ergebnis, daß sie ihre Generation gut repräsentiert, gerade weil sie keine Eigenschaften besitzt, außer Karrierebewußtsein.

So schreibt die FAS: „Politische Unverbindlichkeit jedenfalls ist ihr Markenzeichen, seit sie das Ministeramt bekleidet. Fast könnte man meinen, es sei ein wenig Trotz dabei, weil alle Welt von ihr erwartet, dass sie möglichst schnell eigene Akzente setzt.“

Für eine Politikerin, die so zielstrebig die Karriereleiter hochsteigt, ist diese Aussage nicht banal, denn normalerweise machen Politiker auf sich aufmerksam – Grundbedingung für den Erfolg -, wenn sie deutliche, wenn nicht gar polemische Stellungnahmen zu umstrittenen Themen von sich geben.

Nicht so die Bundesfamilienminister, so die FAS: „Kristina Schröder legt sich nicht allzu gerne fest, auch dann nicht, wenn es um die Frauenquote und damit just jenes Thema geht, das sie gerade selbst gesetzt hat: "Ich bin, was die Einführung einer gesetzlichen Quote angeht, skeptisch. Daraus mache ich auch keinen Hehl", erklärt sie.“

Die Bundesministerin hat laut FAS auch keine gesellschaftspolitischen Vorstellungen, was für eine Christdemokratin, also einer Politikerin, dessen Überzeugungen im Christentum wurzeln müßten, schon erstaunlich ist: „Auch so manch ein Mitarbeiter in den Fachabteilungen des Familienministeriums zuckt ob der Profillosigkeit der neuen Chefin mit den Schultern und wüsste nicht zu sagen, welche gesellschaftspolitische Vorstellung Kristina Schröder eigentlich umtreibt. Was sind ihre Ziele? Was will sie erreichen in den nächsten drei Jahren? Noch ist sie ein unbeschriebenes Blatt, eine Ministerin ohne Eigenschaften.“

Das Urteil der FAS fällt aber schließlich nicht sehr hart aus, denn Schröder sei letztendlich ein repräsentatives Individuum der 30jährigen und diese seien eben so. Sie legen sich nicht fest, sie sind individualistisch und fassen das Leben rein pragmatisch an. Das einzige, was sie charakterisiert ist, daß sie Karriere machen wollen: „Wer Kristina Schröders Alter in Betracht zieht und die Zeit, in der sie groß geworden ist, wird ihr die fehlende politische Festlegung nicht übelnehmen können. Kristina Schröder ist nicht mehr und nicht weniger als eine moderne junge Frau, die zweierlei Grunderfahrungen prägen: Erstens die, dass für Frauen mit einer guten Ausbildung und mit einem Höchstmaß an Leistungsbereitschaft inzwischen alles möglich ist. Und zweitens, dass Frauen zwischen den verschiedensten Lebensentwürfen wählen können: nur Familie oder nur Beruf, Familie und Beruf, Karriere mit Kindern oder ohne, uneheliche Lebensgemeinschaft, Ehe oder Single-Dasein. Alles ist drin. Voraussetzung für diese Entscheidungsfreiheit ist es lediglich, auf eigenen Beinen stehen zu können“

Hat sich Schröders Generation der Beliebigkeit hingegeben. Orientieren sie sich gar nicht mehr an Werten und Prinzipien, auch wenn sie in der CDU Mitglied sind? Was will eigentlich diese Generation – will sie eigentlich irgend etwas? Der FAS-Artikel beschreibt diese Generation recht präzise: „Frauen im Alter von 30 Jahren sind weniger denn je in der Geschichte mit gesellschaftlichen Rollenerwartungen konfrontiert. Kaum jemand schreibt ihnen vor, wie sie zu leben haben, oder schaut sie schief an, wenn sie es anders als ihre Mütter machen. Sie sind in einer zunehmend individualisierten Gesellschaft groß geworden, die unter dem Diktat politisch korrekter Akzeptanz eine enorme Vielfalt zulässt. Gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften zum Beispiel sind heute selbstverständlich. Warum also sollte sich eine Ministerin christdemokratischer Provenienz nicht für die Schwulenehe einsetzen, wenn hier einer für den anderen lebenslang Verantwortung übernehmen will? Aus Schröders Sicht steht das konservativen oder gar christlichen Werten kaum entgegen. . . . Konservativ, liberal, sozial, rechts oder links - das alles sind politische Kategorien, die auf die Ministerin nicht passen.“

Die Bundesministerin hat keine Probleme damit und fühlt dabei wohl: „Ich bin sogar froh, dass man mich nicht so einfach in eine dieser Schubladen einordnen kann", sagt sie und lächelt. Wenig verwunderlich ist das, weil diese Begriffe, die früher einmal ganze Weltanschauungen bezeichneten, heute nicht mehr wirklich taugen. Für die Generation der Dreißigjährigen sind sie nicht relevant. Politik hat sich im Verständnis ihresgleichen nicht an einer Weltanschauung, sondern an gesellschaftlichen Notwendigkeiten zu orientieren. Und genau das tut Schröder.“

Die FAS endet das Portrait mit der Frage, ob Kristina Schröder irgendwann scheitern könnte. Das wäre aber auch nicht weiter schlimm, denn: „Sie habe, sagte Schröder einmal, ihr liebstes Hobby, die Politik, zu ihrem Beruf gemacht. Und das schon früh. Wenn es politisch irgendwann nicht mehr weitergehen sollte, kommt eben etwas anderes. Ein neuer Abschnitt, in dem die Politik auch wieder zum Hobby werden kann. Junge Frauen wie sie sind alles andere als festgelegt.“