Dienstag, 6. April 2010

Kinderschändung ist Seelenmord

Eine Kinder-Therapeutin, ein Erziehungswissenschaftler und ein Jesuitenpater warnen seit langem vor Kindersex, Frühsexualisierung und Kindesmißbrauch

Felizitas Küble, Leiterin des KOMM-MIT-Jugend-Verlags und des Christoferuswerks in Münster

Das Thema Kindersex und Mißbrauch ist seit Monaten in aller Munde. Dabei wird infolge einer hysterischen Medienkampagne einseitig die katholische Kirche ange-prangert und zum Buhmann erklärt. Zugleich wird die christliche „Sexualmoral“ infrage gestellt oder gar als Ursache von Mißbrauch bezeichnet.

Umgekehrt wird ein Schuh daraus, denn gerade die katholische Sexualethik weist auf die Schöpfungsordnung Gottes hin, wonach der Mensch als Mann und Frau geschaffen ist und in der Ehe dem Leben und der Liebe dienen darf, also zur Mitarbeit am Schöpfungswirken Gottes berufen ist. Die Ehe unter Getauften ist aber nicht „nur“ Teil der Schöpfungsordnung - was allein schon eine hohe Würde darstellt; sie ist sogar ein Sakrament und gehört damit zur Heilsordnung Gottes.

Aus der Hochachtung der Ehe ergibt sich die Hochschätzung einer Sexualität, in der die Würde des Menschen respektiert wird, die sowohl der Liebe und Treue wie auch der Weitergabe des Lebens dient - und die den Partner nicht zum Objekt der Lust erniedrigt. Eben deshalb gehört die leibliche Vereinigung in die Ehe, denn sie bietet den geistig-seelischen Raum der Geborgenheit und gegenseitigen Verantwortung.

Es widerspricht der christlichen Sexualmoral, eigene Lustbefriedigung auf Kosten anderer zu suchen, denn der Mensch ist nicht nur Mittel zum Zweck. Dies gilt erst recht dann, wenn Kinder betroffen - und damit die Opfer sind. Oft leiden sie ihr ganzes Leben an diesen traumatischen Erfahrungen. Kinderschändung ist Seelenmord: es ist eines der schlimmsten Verbrechen gegen das 6. Gebot und gegen die Nächstenliebe, eine Tat bzw Untat, die in sich schlecht ist, also nie und unter keinen Umständen erlaubt.

Bekanntlich waren es vor allem Vertreter der „sexuellen Befreiung“, nicht zuletzt ihr politischer Arm, nämlich die Grünen, die sich bis in die 90er Jahre hinein ganz oder teilweise für „Kindersex“ stark machten. 1980 versuchte sogar die SPD-geführte Bundesregierung, die Strafbarkeit von Kindesmißbrauch abzuschaffen, was gottlob am Widerstand des „bürgerlichen Lagers“ scheiterte - interessanterweise auch am Einspruch vieler Feministinnen einschließlich Alice Schwarzer.

Während nicht wenige Linke, Rote und Grüne sich für „Kindersex“ und pädosexuelle „Freiheiten“ (oft verharmlosend als „Pädophilie“ bezeichnet) stark machten, warnten katholische Pädagogen, Psychologen und Priester frühzeitig vor den ungehemmten Folgen der „sexuellen Befreiung“, auch und gerade hinsichtlich der Kinder und Jugend-lichen. Oft wurden diese Stimmen als „moralinsauer“ abgetan, die Warner ironisch als „Kassandras“ bezeichnet – doch heute wäre man sicher froh, es hätte mehr von ihnen gegeben.

Als Beispiel für mutige Zeitkritik und klare Sprache sei an drei Persönlichkeiten erinnert, die sich jahrzehntelang publizistisch tapfer und engagiert gegen die Frühsexualisierung der Kinder wandten: an den Jesuitenpater Lothar Groppe, an den Erziehungswissen-schaftler Prof. Dr. Hans Schieser und an Christa Meves, Schriftstellerin und Psycha-gogin (Psychotherapeutin für Kinder und Jugendliche).

„Traurige Eskalation des sexuellen Mißbrauchs“

Christa Meves, deren Bücher hohe Millionenauflagen erreichten, schrieb beispielsweise bereits in der Fachzeitschrift „Theologisches“ (Nr. 3/1994) über die „Folgen der 68er Revolution“, daß wir mit einer „rapiden Zunahme von Sexualdelikten und dem sexuellen Mißbrauch von Kindern zu rechnen“ hätten.

Die Psychagogin fügte geradezu prophetisch hinzu: „Besonders dieser letzte Bereich (sexueller Mißbrauch) hat eine traurige Eskalation erfahren, ohne daß daraus die notwendigen Schlüsse gezogen würden.“

Zum Thema Kindersex zitiert sie kritisch Günter Amendt, einen namhaften Vertreter der „sexuellen Befreiung“:
„Erwachsene meinen, für Mädchen und Jungen nahe (mit der Pubertät) die Zeit des sexuellen Erwachens. Das ist Blödsinn, wie so vieles, was Erwachsene sagen. Von einem Erwachen der Sexualität kann überhaupt nicht die Rede sein. Die Sexualität hat nie geschlafen, nur die Erwachsenen haben gepennt.’“

Außerdem schreibt Meves, daß „die immer häufiger auftretenden Angstneurosen bei Kindern und Jugendlichen“ damit zu tun haben, „daß ihnen die allzu frühe und unangemessene Konfrontation mit der Sexualität auf die Seele geschlagen ist.“

Zudem wandte sich die Bestseller-Autorin in scharfer Form gegen die damals staatlich finanzierte Broschüre „Lets talk about Sex“, die Kinder und Jugendliche zu hemmungs-losem Sex anleitete, noch dazu in übler Gossensprache. Das von der SPD-geführten Landesregierung in Rheinland-Pfalz 1993 herausgebrachte Sudelheft verkündete unter anderem folgende Weisheiten:

„ Normal zu sein ist kein Gütesiegel. Unnormal ist fast jeder Mensch irgendwie. Ganz und gar normal zu sein ist unnormal.“

Ähnlich wie Christa Meves wandte sich auch der Jesuit Lothar Groppe bereits vor Jahrzehnten gegen die Frühsexualisierung von Kindern und Jugendlichen. So protestierte er 1995 gegenüber dem damaligen Bundesgesundheitsminister Horst Seehofer, heute Ministerpräsident von Bayern, energisch gegen die von dessen Ministerium herausgebrachte Broschüre „Starke Mädchen“, die ausdrücklich für 12 bis 16-jährige Mädchen erschien.

Die Kinder werden darin zB. folgendermaßen belehrt: „Wenn Sexualität für Dich wichtig wird, trittst Du in die Erwachsenenwelt, die Welt Deiner Eltern ein, egal, ob sie bereit sind, Dich da zu akzeptieren oder nicht. Du spürst und sie sehen, daß Du Dich ver-änderst. Daß Du ein Mensch mit sexueller Ausstrahlung und sexuellen Wünschen bist.“

Auch 12-jährigen Kindern (!) wird zudem in allen Details auf die Frage (die sie gar nicht gestellt haben) geantwortet, was „eigentlich beim Orgasmus passiert“. – Den kindlichen Mädchen wird überdies suggeriert, wenn sie nicht mehr warten wollen: „Du hast wirklich Lust auf Sex...Du hast einen Freund, dessen Körper Dir schon vertraut ist und mit dem Du viel Spaß beim Petting hast.“

Die Zeitschrift „Erneuerung und Abwehr“ (Nr. 9/1995) der „Evangelischen Notge-meinschaft“ veröffentlichte seinerzeit den geharnischten Brief des katholischen Geistlichen an CSU-Minister Horst Seehofer; darin heißt es u.a.:

„Das Heft „Starke Mädchen“ der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung stellt die bisherigen pornographischen Veröffentlichungen des Bundesministeriums für Jugend usw. noch in den Schatten, da es nicht nur zum sexuellen Ausleben ermuntert, sondern obendrein noch für den Fall, daß man „Pech hatte“, eine Abtreibung nahelegt“.

Der Jesuitenpater forderte den Minister energisch auf: „So möchte ich Sie dringend bitten, dieses Schanddokument gesellschaftspolitischer Verantwortungslosigkeit aus dem Verkehr zu ziehen.“

Der Minister ließ dem Pater antworten, in puncto Abtreibung sei sein Einwand berech-tigt, daher werde die Broschüre zurückgezogen; doch seiner Kritik an der Früh-sexualisierung von Kindern und Jugendlichen stimme er ihm nicht zu; er redete sich damit heraus, „daß Aids eingebettet ist in das Themenfeld Sexualität“, daher müsse man „offen über diese Zusammenhänge sprechen“. Dabei hatte der Geistliche nicht die Themenstellung als solche beanstandet, sondern die Art bzw Unart, in der sie inhaltlich ausgebreitet wurde.

Der Dritte im Bunde warnender Stimmen ist der katholische Erziehungswissenschaftler Prof. Dr. Hans Schieser. Auch er schrieb in der Zeitschrift „Kultur und Fernsehen“ (Mai 1997) Klartext in puncto Kindersex und Mißbrauch, konkret bezogen auf die von Meves und Groppe kritisierten Schriften der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung:

„Ohne auf die Details eingehen zu wollen, muß festgestellt werden, daß dieses Material vom pädagogischen und psychologischen Standpunkt aus schlichtweg als unbrauchbar, wenn nicht sogar als schädlich zu betrachten ist...Keine einzige dieser Schriften kann man den Kindern in die Hände geben!...Der Inhalt ist mehr ideologisch als wissen-schaftlich ausgerichtet...In Anbetracht des zunehmenden sexuellen Mißbrauchs von Kindern und Frauen in unserer Gesellschaft können wir es uns nicht leisten, die Jugend und sogar schon Kinder zum ungezügelten Gebrauch ihrer Sexualität zu ermutigen.“

Der Hinweis auf diese kompetenten Persönlichkeiten verdeutlicht, daß es immer schon katholische Publizisten gab, die frühzeitig auf brennende Probleme aufmerksam machten, über deren Sumpfblüten sich heute so viele beklagen, darunter nicht wenige, die diese offensichtlichen Fehlentwicklungen früher verdrängt hatten.