Mittwoch, 24. Februar 2010

Das Elternrecht im Kreuzfeuer staatlicher Willkür und Kontrolle

Felizitas Küble, Vorsitzende des Christoferuswerks in Münster

Am 17. Februar 2010, also am Aschermittwoch (dem Beginn der christlichen Fastenzeit), wurde Anna D. aus Salzkotten, eine Familienmutter von 8 Kindern, durch die Polizei aus ihrem Haus geholt und für 8 Tage in Erzwingungshaft ins Gefängnis nach Gelsenkirchen gebracht.

Was hatte die christliche Mutter „verbrochen“, welches Vergehen, welcher Rechtsverstoß wird ihr angelastet? - Anna D. wollte ihren 9-jährigen Knaben nicht in die Sexkunde der Grundschule schicken und bat um Unterrichts-Befreiung. Doch die Rektorin weigerte sich und beantragte statt dessen staatliches Bußgeld. Da sich die Familienmutter keiner Schuld bewußt war, bezahlte sie das Bußgeld nicht, daher landete sie im Gefängnis. Vorigen Dezember befand sich ihr Ehemann bereits aus demselben Grund in Erzwingungshaft.

Angesichts solch absurder Vorgänge fragt sich jeder vernünftige Mensch: Wo leben wir eigentlich in Deutschland: in Absurdistan oder in einem freien Rechtsstaat?

Gilt das Grundgesetz etwa nicht mehr, das sich in Art. 6,2 ausdrücklich zum natürlichen Erziehungsrecht der Eltern bekennt?! Von einem Erziehungsauftrag des Staates ist hingegen nirgends die Rede im Grundgesetz.

Zu diesem Thema liegen entsprechende Leitsätze des Bundesverfassungs-gerichts vor, unter anderem diese:

„Die Sexualerziehung in der Schule muß für die verschiedenen Wertvorstellungen auf diesem Gebiet offen sein und allgemein Rücksicht nehmen auf das natürliche Erziehungsrecht der Eltern und auf deren religiöse oder weltanschauliche Überzeugungen, soweit diese für das Gebiet der Sexualität von Bedeutung sind. Die Schule muß insbesondere jeden Versuch einer Indoktrination der Jugendlichen unterlassen“ (BVerfGE 47, 46/47, 2. Leitsatz).

"Im Verein mit Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG, der den Eltern die Pflege und Erziehung ihrer Kinder als natürliches Recht garantiert, umfaßt Art. 4 Abs. 1 GG auch das Recht zur Kindererziehung in religiöser und weltanschaulicher Hinsicht. Es ist Sache der Eltern, ihren Kindern diejenigen Überzeugungen in Glaubens- und Weltanschauungsfragen zu vermitteln, die sie für richtig halten. Dem entspricht das Recht, sie von Glaubensüberzeugungen fernzuhalten, die den Eltern falsch und schädlich erscheinen." (BVerfGE 93,1/17).

Im Bereich von Gesetz und Recht gibt es zwei grundlegend verschiedene Standpunkte: einerseits den sog. Rechtspositivismus, der besagt, daß das Recht ursprünglich vom Staat (oder vom Volk) ausgeht, also durch aktuelle Entscheidungen von Menschen (einzelnen oder vielen) "gesetzt" wird und so "Gesetz wird".

Dem steht der jüdisch-christliche Standpunkt gegenüber, der das Recht in der Schöpfungsordnung Gottes, im "Naturrecht" (oder "Naturgesetz") und in den göttlichen Geboten verankert, also letztlich GOTT selbst als Träger des Rechts (an)erkennt.

Besonders die katholische Religionsphilosophie betont dieses sog. "Naturrecht" und argumentiert mit ihm gegen jene staatlichen Gesetze, die der Schöpfungsordnung Gottes widersprechen, etwa Abtreibung und Homo-Ehe, aber auch die Mißachtung des natürlichen Erziehungsrechts der Eltern (sog. "Elternrecht").

Natürlich haben auch bei diesem Ansatz die staatlichen Gesetze durchaus ihre Berechtigung - aber nur insoweit, als sie nicht dem Naturrecht bzw. dem Gesetz Gottes widersprechen.

Kürzlich schrieb uns ein befreundeter kath. Prälat aus Österreich, als er von der Gefängnishaft für die Mutter aus Salzkotten erfuhr:

"Ich bin total schockiert über das Unrecht, das den Eltern angetan wird, zumal das deutsche Grundgesetz doch ausdrücklich den Eltern recht gibt. Wie ist so etwas in einem Staat möglich, der sich in seinem Grundgesetz beispielhaft für alle anderen europäischen Saaten auf Gott beruft ? - Ich kann als deutscher Staatsbürger Österreichs, dessen Verfassung das Naturrecht leugnet, nicht in die Debatte eingreifen, würde es aber gerne tun."

Wir fragten bei dem in Ostpreußen geborenen Geistlichen nach hinsichtlich der Leugnung des Naturrechts in der österreichischen Verfassung, worauf wir folgende Auskunft erhielten:

"Die österreichische Verfassung nimmt das Wort "Naturrecht" zwar nicht in den Mund, aber: die nach dem 1. Weltkrieg ausgearbeitete und in den Grundzügen noch gültige Verfassung Österreichs wurde von Prof. Hans Kelsen geschaffen, einem fanatischen Gegner des Naturrechts; und so heißt nicht zufällig bereits der Artikel 1: "Alles Recht geht vom Volke aus...". - Das ist tatsächlich ernst gemeint! Recht ist also, was das Volk bestimmt, egal was."

Diese Rechtsposition ist grundsätzlich nicht weit entfernt von dem, was Hitler (ein Österreicher!) propagierte, nämlich das sog. "gesunde Volksempfinden" bzw der Nutzen des Staates bzw Volkes: "Recht ist, was dem Volke / Staate nützt."