Montag, 16. November 2009

Die EU-Grundrechteagentur in Wien und ihre Art vom Kampf gegen Diskriminierung

Eine teure Speerspitze zur Gesellschafts-Transformation und zur Begünstigung der Islamisierung Europas

Mag. Christian Zeitz (Wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Angewandte politische Ökonomie)


2007 wurde mit Ratsbeschluß der EU die Agentur der Europäischen Union für Grundrechte FRA (Fundamental Rights Agency) errichtet. Sitz dieser Einrichtung ist Wien. Die FRA ist als unmittelbare Nachfolgeorganisation der Europäischen Beobachtungsstelle für Rassismus und Fremdenfeindlichkeit (EUMC) konzipiert, deren Agenden sie unmittelbar übernahm und um einen pointierten Erweiterungsauftrag ergänzte. Dies betrifft sowohl das inhaltliche Betätigungsfeld als auch die Einsatzmethode.

Einerseits wird der Arbeitsbereich vom Kampf gegen Diskriminierung auf den Grundrechtsbereich universalisiert und betont, dass auch so wichtige Materien wie der Datenschutz zu den Aufgaben der Agentur gehören würden. Andererseits ist anhand der Aktivitäten und Enuntiationen klar erkennbar, dass die Grundrechte hier mit einem kulturpolitischen Veränderungsauftrag identifiziert werden, der hinter der Idee der Antidiskriminierungsgesetzgebung steht. Grundrechte werden mit der Bekämpfung von "Diskriminierung und sozialer Marginalisierung" nahezu gleichgesetzt oder mindestens auf diese zugespitzt.

Diese politische Dominanz des Antidiskriminierungs-Anliegens in der Grundrechte-Arbeit der Union zeigt sich deutlich in den Agentur-Materialien, die der Selbstdarstellung dienen, z.B. in der Präsentationsmappe "respect unlimited - Kenne Deine Grundrechte". Hier findet sich die übergangslose Abfolge zweier Einleitungssätze: "Die Europäische Union hat schon einiges für den Schutz der Menschenrechte getan, aber noch viel mehr bleibt zu tun. Diskriminierung gibt es noch immer viel zu oft und betrifft den Alltag vieler Menschen, sei es in der Schule, beim Sport in der Arbeit, im Gesundheitsbereich oder in der Freizeit." Hier wird ein Grundrechtsbegriff angesprochen, der weiter unten noch diskutiert werden muss.

Andererseits hat die Agentur den Arbeitsansatz der Vorläuferorganisation vom bloßen "soft monitoring" und dem Versuch, die öffentliche Meinung über eine entsprechende Öffentlichkeitsarbeit zu beeinflussen, auf das definierte Ziel ausgeweitet, Vorgaben für das rechtsetzende und exekutive Tun der politischen Institutionen der Nationalstaaten wie der Union auszuarbeiten und durchzusetzen.

Die Agentur begreift sich nicht bloß als Stabsstelle, sondern besonders auch als eine Art letztinstanzliche Autorität, die auf die Veränderung des nationalen wie supranationalen Rechtsbestandes einwirkt. Dabei ist die besondere Stellung der Agentur zu beachten. Sie besitzt keine wie immer geartete Oberbehörde, der gegenüber sie weisungsgebunden oder rechenschaftspflichtig wäre. Aufgrund ihres Entstehungsaktes, einem einstimmigen Ratsbeschluss, agiert sie im Selbstverständnis, eine jedem politischen Zweifel entzogene Materie zu bearbeiten, also geradezu die Durchsetzung der Staatsgrundlagen und die Sicherstellung des letzten Staatszweckes zu betreiben. Die Agentur hat dabei den Status einer oberstgerichtlichen Institution, die sich die Inhalte ihres Regelrahmens selbst erarbeitet.

Diese Konstruktion erscheint besonders deswegen sehr fragwürdig, weil die Durchsetzung der hier sehr spezifisch interpretierten Grundrechte keineswegs einer gesellschafts- und kulturpolitisch neutralen Staatsgrundlage verpflichtet ist, sondern dem Ideologie-Konzept der Multikulturellen Gesellschaft. Anlässlich der Aufnahme seiner Arbeit in Wien im Frühjahr 2008 antwortete der Direktor der Agentur, der Däne Morten Kjaerum, auf die Frage eines Journalisten, was denn das wichtigste Anliegen seiner bevorstehenden Amtszeit sei: "Der Kampf gegen die Islamophobie".
Dieser steht in der Tat im Kern der Studien und Maßnahmenausarbeitung der Agentur. Neben dem Kampf gegen die (angebliche) Diskriminierung von Homosexuellen, ethnischen Minderheiten, Frauen, Behinderten, älteren Menschen und Glaubensgänger verschiedenster anderer Minderheitsreligionen, nimmt die Aufdeckung und Bekämpfung der (angeblichen) Schlechterstellung von Moslems einen dominierenden Teil der Aufwendungen in Anspruch. Diese basieren auf einem wachsenden Unterfutter, hat sich doch die Zahl der Mitarbeiter der Agentur innerhalb eines Jahres von 31 auf über 60 verdoppelt, wobei eine weitere Ausweitung auf über 100 Mitarbeiter bereits für das nächste Jahr (2010) vorgesehen ist.

Es macht sich bezahlt, sich mit der Methode der Studien- und Dokumentationstechnik der FRA vertraut zu machen, d.h. die Frage zu stellen, wie denn der Ausweis von behaupteten Diskriminierungsfällen bzw. einer quantifizierbaren Diskriminierungsrate zustande kommt. Im Rahmen des EU-MIDIS (European Minorities and Discrimination Report) wurden 23.000 Migranten moslemischer Zugehörigkeit jeweils 20 Minuten interviewt, wobei bemerkenswert ist, dass 89% von ihnen angaben, dass ihre Religion für sie von großer Bedeutung ist (vgl. dazu entsprechende Zahlen der autochthonen Bevölkerung). Gefragt wurde jeweils danach, ob sich der/die Betreffende in den letzten zwölf Monaten aufgrund konkreter Anlässe diskriminiert gefühlt hatte. Festzuhalten ist also, dass das Kriterium der Diskriminierung die subjektive Befindlichkeit und der persönliche Eindruck der Moslems ist, ohne dass hier ein Versuch der Objektivierung durchgeführt wird.

40% der von der Polizei anlässlich einer Verkehrskontrolle gestoppten Moslems glauben beispielsweise, dass dies ausschließlich aufgrund religiöser Diskriminierung geschehen ist, ähnliches gilt für Grenzkontrollen. Acht weitere Lebensbereiche wurden im Hinblick auf vermeintliche Diskriminierungen abgefragt: Arbeitssuche, Arbeitsalltag, Wohnungssuche, medizinische und soziale Betreuung, Restaurantbesuche und Bankenkontakte (Kreditwerbung u.ä.). Rund ein Drittel der Befragten fühlte sich innerhalb der letzten 12 Monate diskriminiert, und zwar im Durchschnitt achtmal. Damit ist die Rate der Diskriminierung festgelegt und stellt die Basis für energische Forderungen zur Beseitigung der Schlechterstellung dar: 51% der Muslime glauben, dass Angehörige des Islam in Europa diskriminiert werden.

Neben der subjektiven Befindlichkeit der Moslems prägt die Grundrechtsagentur allerdings den Definitionshintergrund des Diskriminierungsbegriffes selbst. Eine Studie der Vorläuferorganisation EUMC (European Monitoring Centre on Racism and Xenophobia), auf die ausdrücklich systematisch Bezug genommen wird, gibt unter dem Titel "Perceptions of Discrimination and Islamophobia" ausführlich zu verstehen, was zu inkriminieren und politisch zu bekämpfen ist. Eine kleine Auswhl:

- die Kritik an Moscheen, die überwiegend ausländisches Predigerpersonal ohne hinlängliche Kenntnisse der Sprache des Gastlandes beschäftigen (S.17) und die eine patriarchale und restriktive Gesellschaft propagieren (S.18)
- die Forderung nach Assimilation (S. 31)
- der Mangel an Repräsentation von Moslems in öffentlichen und politischen Institutionen (S. 33)
- die mangelnde Bereitschaft, den Beitrag des Islam zur Entstehung der europäischen Zivilisation zu akzeptieren (S. 34)
- die Erwähnung der Türkenkriege als Aggression gegenüber Europa (S.35, S. 57)
- die Darstellung der größeren Kinderschar moslemischer Familien als Teil einer moslemischen Invasion (S. 37)
- die Erwähnung eines moslemischen Hintergrundes von einschlägigen Straftaten (Züchtigungen von Frauen, Vergewaltigungen, Ehrenmorde etc.) (S.37)
- die Bemerkung, man müsse dem Islam Zeit geben, unsere Werte zu übernehmen (denn dies würde implizieren, dass das Kulturniveau moslemischer Gesellschaften unterlegen wäre) (S.43)
- die Feststellung, Moslems würden durch ihr Verhalten vielfach Islamophobie und Rassismus provozieren (S.47), u.v.m.

All das also verwirklicht den verwerflichen Tatbestand der Diskriminierung.

Es wird deutlich, dass nicht einfach nur Verhaltensweisen gegenüber Individuen, sondern Meinungen, Wertungen, Analysen, Positionen und faktische Verhältnisse als Ausdruck von Diskriminierung qualifiziert werden. Dies schließt, wie die obige Liste zeigt, die Wiedergabe historischer und sozialer Tatsachen, durchaus mit ein. Es steht also völlig außer Zweifel, dass die Terminologie und das Instrumentarium der Antidiskriminierungs-Oberbehörde darauf abzweckt, die Ansichten und das Bewusstsein der europäischen Bevölkerung umfassend zu kontrollierten und gleichzurichten, und zwar nicht entlang des Kriteriums von Wahrheit oder Unwahrheit, sondern von verordneter politischer Akzeptanz oder Nicht-Akzeptanz.

Dieser umfassende Anspruch führt unmittelbar zur Intention direkter Denk- und Diskussionsverbote: Kopftuch-Debatten würden Diskriminierungen legitimieren (S: 9), Stereotypen über Moslems und den Islam würden zu Islamophobie führen (ebenda) und eine zu harsche Forderung nach Integration würde die moslemische Identität gefährden (S.8).

Das Ziel eines dermaßen eklatanten und dauerhaften Eingriffs in den Meinungs- und Bewusstseinsbildungsprozeß der Gesellschaften Europas wird keineswegs verheimlicht. Im Vorwort des zitierten Berichtes gibt ihn Beate Winkler, seinerzeitige Chefin des EUMC, ganz ausdrücklich an: Die Leistung eines Beitrages "zur Durchsetzung der Vision einer multikulturellen Gesellschaft" (S.3).

Dazu muss das gesetzliche Korsett verengt und der Bereich wirksamer Strafdrohungen ausgeweitet werden. Derzeit arbeitet die Agentur nach eigenen Angaben daran, jede Opposition gegen Moscheenbauten (strafrechtlich) zu inkriminieren und für eine stärkere Ausrichtung der Arbeit öffentlicher Organisationen an die Bedürfnisse der Moslems (Halal-Essen, Religionsunterricht etc.) zu sorgen. Ihre Arbeit ist bereits in den aktuellen Entwurf von EU-Kommissar Spidla eingegangen, demzufolge der Anwendungsbereich der EU-Antidiskriminierungsrichtlinien erweitert und vertieft werden soll.

Angesichts der konstatierten Divergenz zwischen dem Ziel einer diskriminierungslosen Gesellschaft und der Realverfassung des gesellschaftlichen Bewusstseins in den Ländern Europas, ist es naheliegend, dass die Agentur neben ihren Anstrengungen zur Verschärfung der Antidiskriminierungsgesetzgebung auch an umfassenden (Um-)Erziehungsmaßnahmen arbeitet. Dies ist anhand des von der Agentur herausgegebenen Schülerkalenders "s´cool agenda 2009" zu studieren, in dem Fremdenfeindlichkeit, Rassismus, Antisemitismus, Romaphobie, Homophobie, Viktimismus, Vorurteile gegenüber Asylanten usw. angeprangert werden.

Diese umfangreiche Schrift stellt ein eindrucksvolles Kondensat der Methoden und Instrumente dar, die eine Bewusstseinsveränderung und schließlich eine kulturelle Transformation Europas herbeiführen sollen. Sie sind paradigmatisch für die Arbeitsweise nicht nur der Agentur, sondern der gesamten Antidiskriminierungsbewegung. Immer und überall wird ein Repertoire von vier sich wiederholenden Schritten angewendet:

1. Neudefinition und Umdeutung zentraler Begriffe: Toleranz sei "...der Respekt, die Akzeptanz und Wertschätzung der Vielfalt der Kulturen unserer Welt." Diese seien definitionsgemäß gleichwertig, denn "es gibt keine überlegenen noch unterlegenen Lebensweisen und Kulturen. In jeder Kultur existieren positive Aspekte, aus denen wir lernen können, und negative Aspekte, die wir kritisieren können." 2009 ist das Europäische Jahr der Kreativität und Innovation. Kreativität sei die "Förderung von Offenheit für neue Ideen in einer von kultureller Vielfalt geprägten, wissensbasierten Gesellschaft durch allgemeine und berufliche Bildung."

2. Von der Respektierung unterschiedlicher Kulturen zur Akzeptanz einer Gesellschaft, in der viele Kulturen gleichberechtigt sein müssen (und zwar gleichgültig, ob deren Träger autochthonen oder zugewanderten Bevölkerungsbestandteilen angehören). Verfestigung der umgewerteten Einsichten und Urteile durch Errichtung von Postulaten, wie:
"Die interkulturelle Gesellschaft beruht auf gegenseitiger Anerkennung und dem gegenseitigen Austausch zwischen Menschen unterschiedlicher Herkunft. "Aktivitäten müssen in Angriff genommen und unterstützt werden, (...) um die Menschen von den Vorteilen des Zusammenlebens in einer von Vielfalt geprägten Gesellschaft zu überzeugen." Wichtig sei die "Anerkennung des Wandels als Chance". - "Beste Perspektiven in Europa" - "Nutze die Chancen der Vielfalt!"

3. Stigmatisierung unerwünschter Verhaltensweisen wie zum Beispiel das Beharren auf der Erhaltungswürdigkeit der Kultur der Mehrheitsbevölkerung und systematische Verschärfung des Konformitätsdrucks. "Anerkennung anderer Kulturen kann man erlernen." Auch indirekte Diskriminierung, z.B. die Einforderung "übertrieben perfekter" Sprachkenntnisse am Arbeitsplatz, sei zu bekämpfen. Selbst für die "Weigerung, mit jemandem aufgrund seiner Hautfarbe oder ethnischen Herkunft Freundschaft zu schließen", müsse man sich als Rassist fühlen. "Verbale Gewalt" wird stets nur als "rassistische, islamfeindliche, antisemitische Beschimpfung" begriffen. Nirgendwo wird etwa "Christophobie" oder die Herabwürdigung der Mehrheitskultur bzw. -bevölkerung kritisiert oder gar inkriminiert. Die Bekämpfung von Diskriminierung würde auch Spitzelwesen (sog. "Diskriminierungstests") rechtfertigen.

4. Konnotation von Reizbegriffen und Verdichtung zu einem kompakten Feindbild. Ebenso wie im genannten Schülerkalender beruht die Legitimation der Arbeit der FRA in nahezu allen ihrer Publikationen in der Gleichsetzung, d.h. in der identischen moralischen Qualifikation von Antisemitismus, Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Islamophobie. Auch im Schülerkalender wird die Bereitschaft, Benachteiligungen von Minderheiten energisch zu bekämpfen, mit einer ausführlichen Reflexion des Holocaust-Gedenkens abgeholt. "Wir beobachten mit Sorge, dass im Schatten des Holocaust immer noch Minderheiten und andere Gruppen in verschiedenen Ländern verfolgt und ermordet werden... Wir rufen alle Bürger der Europäischen Union sowie unsere politische Führung dazu auf, unsere Gesellschaften vor Rassismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit zu schützen."

Es stört offenkundig nicht, dass "Minderheiten und andere Gruppen" keineswegs in europäischen Ländern "verfolgt und ermordet werden", sehr wohl aber in islamischen Ländern. Dies konzedieren Mitarbeiter der FRA auch ganz freimütig, denn sie haben kein Mandat, die Grundrechtssituation außerhalb Europas zu beobachten.

Viele unbedarfte Bürger haben sich anlässlich der Gründung der Grundrechteagentur ebenso wie so manch informierter Beobachter gefragt, wozu denn die Verstärkung der Arbeit im Bereich der Grund- und Menschenrechte in Europa erforderlich bzw. nützlich sei. Ist denn die Verteidigung dieser Rechte auf einem Kontinent, dessen Nationalstaaten diese seit vielen Jahrzehnten im Rahmen von Staatsgrundgesetzen, Verfassungspassagen und der Anerkennung der EU-Menschenrechtskonvention sowie der Europarats-Konvention zum Schutz der Menschenrechte normiert haben, eine erforderliche Antwort auf einen Verfall der Rechtsstellung des Individuums? Eine Antwort kann nur ein stichwortartiger historischer Rekurs in die rezente Entwicklung geben.

Die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft begann sich bereits in den 70er-Jahren des 20. Jahrhunderts für Grundrechte zu interessieren. 1977 erging eine "Gemeinschaftsdeklaration der Grundrechte". 1986 läutete das Europäische Parlament einen Paradigmenwechsel ein und beschloss gemeinsam mit dem Rat und der Kommission eine "Deklaration gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit". 1994 leitete die Kommission einen Prozess politischer Initiativen in den Bereichen Analyse, Monitoring, Bewusstseinsbildung, Ausbildung, Involvierung der Zivilgesellschaft und der Sozialpartner usw. ein, der 1997 mit dem "Europäischen Jahr gegen Rassismus" und der Gründung der Europäischen Beobachtungsstelle von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit (EUMC, Wien) einen vorläufigen Höhepunkt erfuhr. Gleichzeitig wurde mit dem Vertrag von Amsterdam ein Artikel 13a in den EU-Vertrag eingefügt, der den legislativen Kampf gegen die Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, der rassischen oder ethnischen Herkunft, der Religion oder des Glaubens, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Orientierung zum Gemeinschaftsrecht erklärte. Artikel 29 erhob den Kampf gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit zum europäischen Programm. Nicht zufälligerweise wurde das Ziel der Vollbeschäftigung ebenfalls zum Gemeinschaftsziel erhoben - zweifellos auch mit Blickrichtung auf die Beschäftigung ausländischer Arbeitskräfte. Ebenfalls unter Bezugnahme auf das Beschäftigungsziel klassifizierte der "Wiener Aktionsplan" im Zuge der österreichischen Ratspräsidentschaft 1998 Rassismus und Fremdenfeindlichkeit explizit als "Verbrechen", das unter einem Regime von "Freiheit, Sicherheit und Gerechtigkeit" keinen Platz hätte. Auch hier wurde wieder eine wegweisende definitorische Festlegung getätigt, indem "Freiheit" als "Bewegungsfreiheit der Person" im EU-Raum (gemeint ist zweifellos "freie Migration") identifiziert wurde.

Der Vertrag von Amsterdam stellte eine enorme politische Herausforderung und einen beträchtlichen Handlungsbedarf für die Kommission dar, als er 1999 in Kraft trat. Zu diesem Zeitpunkt wurden auch die ersten Arbeitsergebnisse der "Beobachtungsstelle" vorgelegt, womit sich die Union selbst unter Druck setzte, zu beweisen, dass sie es mit dem Antidiskriminierungs-Feldzug ernst nehmen würde. Ein Anlassfall, ein plakatives Exempel zu statuieren und allfällige Widerstände gegen die geplante Umgestaltung des Rechtsbestandes aus dem Weg zu räumen, war daher dringend erforderlich.

Dieser bot sich, in dem die zu Anfang 2000 errichtete neuen österreichische Bundesregierung, eine Koalition aus ÖVP und FPÖ, zum internationalen Feindbild erkoren wurde. Der Kern der Vorwürfe gegen den freiheitlichen Koalitionspartner war, dass diese einer fremdenfeindlichen und rassistischen Ideologie frönen würde und daher gegen "europäische Werte" verstoßen hätte. Die von Wolfgang Schüssel geführte Regierung hätte sich daher eines Tabubruches schuldig gemacht und musste gemaßregelt und gezüchtigt werden. Ohne jede Rechtsgrundlage beschlossen die "EU-14" - alle anderen Mitgliedsstaaten - zeitgleich mit der Regierungsangelobung Sanktionen gegen Österreich, die nicht nur eine internationale Ächtung, sondern eine de-facto-außer-Kraftsetzung" der Mitgliedsrechte bedeuteten. Das EU-Parlament nutzte den entstandenen Turbo-Effekt blitzartig und beschloss am 16. März 2000 eine Resolution, welche die Kompetenz des Kampfes gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit endgültig und für alle Zeiten zu einem Gegenstand europäischer Politik machte.

Schüssel, der die Schmach der internationalen Anprangerung traumatisch erlebt haben muss, beschloss, zum europäischen Musterschüler zu mutieren. Er ließ alle Demütigungsrituale über sich ergehen, erfüllte die Forderungen der EU-14 und trug künftig hin alle europäischen Transformationsprojekte an der Spitze der "glühenden Europäer" mit. Österreich akzeptierte den Einsatz eines dreiköpfigen Weisenrates, der ausdrücklich und vordringlich zu untersuchen hatte, wie es Österreich mit dem Umgang mit Asylanten und anderen Migranten hielt und ob diese gegenüber der heimischen Bevölkerung diskriminiert werden würden.

Im Zuge dieser Affäre entschied sich das heranziehende Gebilde eines EU-Superstaates sowohl gegen den Rechtsstaat als auch gegen die Demokratie. Die Sanktionen gegen Österreich, für wlche die EU sich niemals entschuldigte, stellten einen glatten Bruch ihres eigenen Rechtes dar. Und der Einsatz eines Elitekollegiums, das einen Mehrheitsentscheid zu relativieren oder gar zu korrigieren hat, ist mit den Grundprinzipien der Demokratie unvereinbar. "Weise" außer- oder oberhalb demokratischer Institutionen sind ein Wesensmerkmal autokratischer Herrschaftssysteme. Der Sündenfall gegen Rechtsstaat und Demokratie ist inzwischen in den genetischen Code der Europäischen Union eingegangen.

Nicht in einem einzigen Akt, aber in einer Sukzession vieler kleiner Schritte wurde der bisher beschriebene Weg einer Substanzveränderung der rechtlichen Grundlage des Zusammenlebens der Menschen in Europa fortgesetzt und die Kernelemente der rechtsstaatliche Demokratien der Mitgliederstaaten der EU ausgehöhlt.

Ein wesentlicher Schritt in die Richtung einer Transformation der rechtlichen Grundlagen des Kulturbestandes war die Arbeit des "Europäischen Konvents", der - unter Leitung von Roman Herzog - im Jahr der Sanktionen gegen Österreich eine Neukodifizierung der Grund- und Menschenrechte vorlegte. Zunächst wurde diese "Grundrechte-Charta" anlässlich der Regierungskonferenz in Nizza feierlich, aber unverbindlich angenommen. Danach wurde sie 2004 als Teil II in den Europäischen Verfassungsvertrag aufgenommen. Nachdem dessen Ratifizierung scheiterte, wurde die Charta am 12. Dezember 2007 verbindlich proklamiert und ist überdies in die neue EU-Verfassungsvorlage, den "Vertrag von Lissabon", unverändert übernommen worden.

Die Charta der Grundrechte unterscheidet sich in wesentlichen Punkten fundamental vom klassische Grundrechteverständnis. Bislang waren Grundrechte immer Schutzrechte des Bürgers gegenüber dem Staat, dem der Liberalismus des 19. und 20. Jahrhunderts aufgrund seiner inhärenten Tendenz zu Omnikompetenz und Totalität zu Recht misstraute. Rechte dieser Ausrichtung sind in der EU-Charta durchaus enthalten: Das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit (Art 10), das Recht auf Meinungsfreiheit (Art 11), auf Versammlungsfreiheit (Art 12) usw. Diese Rechte werden aber um Typen von "Rechten" ergänzt, die völlig anderer Natur sind und weitreichende Konsequenzen aufweisen:

- Rechte, die einen Handlungsauftrag des Staates bzw. der öffentlichen Hand beinhalten und diese zu umfassenden Maßnahmen ermächtigen (das Recht auf sozialen, wirtschaftlichen und technologischen Fortschritt in der Präambel, das Recht auf gute Verwaltung in Art 41 bzw. dasjenige auf Bildung in Art 14)
- Rechte, die unmittelbar in die Beziehungen der Staatsbürger untereinander eingreifen und mindestens eine mittelbare Wirkung auf das Zivilrecht haben (Das Recht zu arbeiten in Art 15, das Recht auf gerechte und angemessene Arbeitsbedingungen in Art 31)
- Rechte, die eigentlich keinen individuellen Rechtsanspruch begründen, sondern viel eher politikbestimmende Globalwerte darstellen. Sie vereinigen die Charakteristika der beiden vorangegangenen Rechtstypen, indem sie den Staat umfassend ermächtigen und gleichzeitig tief in die Beziehungen der Menschen untereinander eingreifen. Hier sind das Prinzip der Nichtdiskriminierung (Art 21), das sich formulierungstechnisch völlig an den Wendungen des Amsterdamer Vertrages orientiert, sowie das Prinzip der "Vielfalt der Kulturen, Religionen und Sprachen" (Art 22) zu nennen.

Die Grundrechte-Charta sollte damit das Prinzip der Multikulturellen Gesellschaft, das bereits vor ihrer Proklamation in den verbindlichen Rechtsbestand der EU eingegangen war, auf eine unanfechtbare Verfassungsebene heben. Die von ihr bereits im Entstehungsstadium ausgehende Autorität erwirkte schließlich im Juni und November 2000 - unter Ausschöpfung der Ermächtigung des Art. 13a des Amsterdamer Vertrages – den Beschluss der EU-Richtlinie gegen Diskriminierung aufgrund von Rasse und ethnischer Herkunft sowie der EU-Richtlinie zur Gleichbehandlung im beruflichen Bereich. Die Mitgliedsstaaten wurden verpflichtet, deren Inhalte bis 2004 in die jeweiligen nationalen Rechtsbestände zu integrieren bzw. diese EU-konform auszurichten.

Wie ein kurzer Blick in die Geschichte der Änderung der Gundrechtesubstanz und der Etablierung der Antidiskriminierungsgesetzgebung zeigt, ist dieser Vorgang keineswegs auf eine ausdrückliche, zu irgendeinem bestimmten Zeitpunkt durchgeführte, transparente politische Entscheidung zurückzuführen. Vielmehr muss die vorliegende Substanzveränderung des Rechtsbestandes der europäischen Gesellschaften als kumulativer Prozess vorsichtiger Einzelschritte begriffen werden, deren Zweck und Endperspektive bei oberflächlicher Betrachtung zu keinem Zeitpunkt wirklich erkennbar war. Zu ehrbar erschienen blauäugigen Europapolitkern und abgelenkten Bürgern die Ziele der Beschäftigung mit Grundrechten und Diskriminierungsbekämpfung.

Das Ergebnis des scheinbar harmlosen Unterfangens ist die denkbar weitreichendste kulturelle und gesellschaftliche Transformation der letzten Jahrhunderte. Noch nie in der Menschheitsgeschichte der letzten 60.000 Jahre gab es ein Gemeinwesen, das sein Immunsystem gegenüber den Bedrohungen seiner kulturellen Integrität so weitreichend selbst außer Kraft setzte. Die Europäische Union hat die Fähigkeit eingebüßt, uns vor Islamisierung und kulturellem Synkretismus zu beschützen. Ja noch viel mehr: Sie hat die Zerstörung der eigenen kulturellen Basis zum Staatsziel erklärt.

Denn wer nicht mehr sagen darf, dass er seine Kultur für überlegen hält, kann nichts mehr dazu beitragen, sie zu erhalten.

Die Errichtung einer neuen Ordnung im Zuge der Transformation des Rechts, der Verabsolutierung der Antidiskriminierung und der Verordnung neuer Glaubensinhalte erfolgt in drei großen Stößen:

1. Selektive Begünstigung der Rechte und Interessen von Minderheiten, besonders insoweit deren Förderung der Desintegration der Gesellschaft dienen. Alte, klassische (Grund-)Rechte werden zuerst relativiert, dann ausgehöhlt und von neuen „Freiheiten und Rechten“ überwachsen, schließlich unwiederbringlich zerstört. In diesem Prozess gibt es keine Anwälte der Interessen der Mehrheitsbevölkerung und ihrer erprobten Traditionen. Die Angehörigen der autochthonen Bevölkerung werden sowieso immer zu Tätern stilisiert. So wird die Basis des Erfolgsmodells Europas – das Christentum – seinerseits schrittweise zur Minderheitenposition. Dies geschieht freilich, ohne dass es nennenswerte Proteste oder gar Maßnahmen gegen „Christophobie“ geben würde.

2. Untergrabung der traditionellen Moral durch Etablierung einer artifiziellen Gegenmoral. Funktionierende Gesellschaften basieren auf dem Prinzip der freien Wahl individueller Handlungen durch verantwortliche Individuen. „Handeln bedeutet Wählen“ (Mises), und Wählen setzt die Berechtigung zur Entscheidung auf der Basis der Unterscheidung von Umständen, Personen und deren Eigenschaften voraus. Doch Diskriminierung nennen wir jene Art von Unterscheidungen, die wir nicht treffen dürfen, weil eine Behörde diese Unterscheidungen willkürlich stigmatisiert. Gewiss bezieht sich der Kampf gegen Diskriminierung – auch – auf Verhaltensweisen, die höchst unerfreulich sind. Und ebenso gewiss ist es bedauerlich, wenn Menschen durch andere Menschen verächtlich gemacht werden. Doch warum sollten gerade derartige Verhaltensweisen Gegenstand von Interventionen seitens des Staates sein, wo es doch auch in vielen anderen Bereichen Verhaltensweisen gibt, die wir nicht billigen? Die Gesellschaft freier Menschen beruht u.a. auf der klaren Unterscheidung zwischen Moral und (Straf-)Recht. Der Preis, alle unerwünschten Verhaltensweisen rechtlich bzw. staatlich zu bekämpfen, ist unendlich groß. Er besteht in einer zerstörerischen Wirkung auf die Moral insgesamt und in einem unmittelbaren Weg in die Knechtschaft.

3. Permanente Migration als Staatsdoktrin. Grundwertetransformation und Antidiskriminierungsexzesse reißen alle Barrieren gegen den Zuzug von Personen ein, deren kultureller und besonders religiöser Hintergrund mit den Grundlagen des erfolgreichen traditionellen Europäischen Gesellschaftsmodells inkompatibel ist. Doch die auf horizontale und vertikale EU-Erweiterung sowie auf Zentralisierung und Omnikompetenz abzielenden „glühenden Europäer“ haben früh erkannt, dass sie eine ungestörte und ungehemmte Einwanderung als Basis der Errichtung eines totalitären Superstaat unbedingt benötigen. Dies ist erstens deswegen der Fall, weil auf der Basis dauerhafter Fragmentierung des sozialen und wirtschaftlichen Gefüges eine robuste Legitimation für superstaatliche Regulationen im sozial- und beschäftigungspolitischen Sektor bereitgestellt werden kann. Und es ist zweitens der Fall, weil das Prinzip der Multikulturellen Gesellschaft die Grundlage für eine neue Staatsreligion abgibt, die zur Legitimation jedes auf Dauer angelegten staatlichen Gemeinwesens unbedingt erforderlich ist.

Die hier beschriebene europäische Kulturtransformation hat bereits weitreichende Spuren hinterlassen. Doch sie ist noch nicht abgeschlossen, denn „viel mehr bleibt zu tun“ (FRA). Deshalb ist die Maschinerie der Europäischen Grundrechtsagentur, die einer der Hauptmotoren dieses Prozesses ist, im Begriff, weiter enorm vergrößert zu werden. Und die beschäftigten Meinungsforschungsagenturen, Netzwerke, Beraterfirmen, Produktionsunternehmungen und NGOs, allesamt Profiteure dieser florierenden Bewusstseinsbildungsindustrie, werden mit wachsendem Unterfutter an der Verbreitung und Implementierung der Glaubensinhalte der zur Herrschaft gelangten Ersatzreligion arbeiten. Gleichzeitig sind weitere Instrumente der Unterdrückung auf dem Weg. Meinungs- und Gesinnungsdelikte werden bereits in einigen EU-Staaten geahndet und weisen auf eine umfassende Gesinnungsjustiz. Der Europäische Haftbefehl sieht bereits jetzt die transnationale Auslieferung von Unbotmäßigen vor. Und mit der bereits betriebenen Neuausrichtung klassischer Menschenrechtsorganisationen wie der OSZE werden neue Instrumente der Gleichschaltung in Stellung gebracht.

Fürwahr keine erfreulichen Perspektiven. Aber der erste Schritt zur – hier gewiss sehr schwierigen – Revision der Verhältnisse ist immer eine Analyse bestehender Übel. Und wir sollten nicht verabsäumen, die uns in Wien und Brüssel vertretenden Politiker – gleich ob „glühende“ oder nur „glosende“ Europäer – in aller Deutlichkeit mit den Produkten ihrer Versäumnisse zu konfrontieren. Erst dann werden wir langsam in die Lage kommen, eine Re-Nationalisierung des Rechts und eine Re-Individualisierung der Moral in Angriff nehmen zu können.