Montag, 18. Mai 2009

Kommentar der Aktion SOS Leben/DVCK zur neuen Regelung bezüglich Spätabtreibungen


Die Debatte über die Spätabtreibungen, die sich nun seit Jahren durchzieht, und die mit der Abstimmung des Bundestages am 13. Mai 2009 ein vorläufiges Ende gefunden hat, hatte immer etwas künstliches, ja, geradezu operettenhaftes. Unsere Politiker haben sich nämlich nie getraut, darüber zu sprechen, was eigentlich Sache ist. Der Kern des Problems, also die Tötung ungeborener und unschuldiger Menschen wurde kaum erwähnt.

Die Änderungen im Schwangerschaftskonfliktgesetz sehen im wesentlichen mehr Beratung für die Mutter und eine Bedenkzeit von drei Tagen bis zur Abtreibung vor. Die Beratungspflicht, die für die Abtreibungen bis zum 12. Woche gilt, wurde auf die Spätabtreibungen ausgedehnt – das ist der Kern des neuen Gesetzes. Das Projekt ist also äußerst minimalistisch. Man unternimmt überhaupt keinen Versuch, die Spätabtreibungen zu verbieten oder zumindest auf einige Monate vor der natürlichen Geburt zu begrenzen.

Die konkreten Änderungen:

Der Arzt, der einer Schwangeren mitteilt, daß ihr Kind laut Ergebnis vorgeburtlicher Untersuchungen vermutlich behindert sein wird, wird künftig verpflichtet, die Schwangere über alle Aspekte der Gesundheitsschädigung zu beraten. Er soll dabei Ärzte hinzuziehen, die auf die Behinderungen bei geborenen Kindern spezialisiert sind. Der Arzt soll die Mutter dabei auf ihr Recht auf eine vertiefende psychosoziale Beratung informieren.

Zwischen Diagnose und der schriftlichen Feststellung, daß die Voraussetzungen für einen Schwangerschaftsabbruch gegeben sind, müssen mindestens drei Tage liegen. Bei Zuwiderhandlungen des Arztes droht ihm ein Bußgeld in Höhe von 5.000 Euro.

Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung wird Informationsmaterialien zum Leben mit behinderten Kindern, inklusive Kontaktadressen zu Beratungsstellen und Selbsthilfegruppen, erstellen, die vom Arzt ausgehändigt werden müssen.

Für den Gesetzentwurf stimmten 326 Abgeordnete mit Ja, 234 mit Nein.

Das Vorhaben der Union plus Abgeordnete anderer Parteien wurde wenig von den Lebensschutzorganisationen unterstützt. Das Beratungskonzept hat sich als völlig nutzlos erwiesen, um die Zahl der Abtreibungen zu reduzieren.

Die Pflichtberatungen als Bedingung der Straflosigkeit der Abbrüche ist eine Konsequenz des Urteils des Bundesverfassungsgerichts gewesen, die die blanke Fristenlösung, die 1993 vom Bundestag beschlossen wurde, nicht hingenommen hatte. Daraufhin wurde die sog. Schwangerschaftskonfliktberatung zur Pflicht gemacht, die sich von Anfang nicht viel mehr als ein Feigenblatt erwiesen hat.

Hinter dem Projekt standen in dieser Legislaturperiode sowohl CDU-Fraktionschef Volker Kauder sowie der familienpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Johannes Singhammer (CSU). Beide Politiker sind ausgesprochene Lebensrechtler, die sich sicherlich nicht mit symbolischen Änderungen am Gesetz begnügen, sondern am liebsten die Abtreibungspraxis generell überarbeiten möchten. Diese Änderungen sollten der erste Schritt hin zu einem besseren Schutz sein.

Das ist wohl auch der Grund, wieso die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Christel Humme, die für die Familienpolitik zuständig ist, jegliche Gesetzesänderung abgelehnt hat. Sie hat schließlich einen Gegenentwurf präsentiert, der eine bessere Beratung der Frau vor vorgeburtlichen Untersuchungen vorsah, doch auf substantielle Änderungen der Gesetzeslage verzichtete.

Die SPD hatte Angst, daß das Anfang der 90er Jahre schwer erarbeitete Gesetzespaket bezüglich der Abtreibung neu aufgeschnürt würde. Die Widersprüche des Gesetzes sowie seine Unwirksamkeit, die Abtreibungszahlen zu senken, sind dermaßen eklatant, daß die jetzige Regelung leicht angreifbar ist, was die Lebensrechtler auch immerfort tun.

Die Union wird mit diesem Erfolg im Bundestag auch etwas ihr christliches Profil aufpolieren wollen. Sie verliert nämlich schon seit Jahren die Gunst der christlich motivierten Wähler. Sowohl der Linksruck in der Familienpolitik sowie die Liberalisierung der Tötung von Embryonen für die Gewinnung von Stammzellen, haben ein weiteres dazu getan, die christlichen Wähler zu entfremden.