Dienstag, 24. Februar 2009

Ist die Zahl der Abtreibungen seit der Liberalisierung des §218 StGB gestiegen oder gefallen?


Ob die Zahl der Abtreibungen gestiegen oder gefallen ist, ist nicht nur humanitär von Interesse. Diese Zahlen sind auch politisch wichtig, weil das Bundesverfassungsgesetz 1995 die Novellierung des § 218 unter der Auflage akzeptiert hat, daß die Abtreibungszahlen dank der eingeführten Pflichtberatung signifikant sinken. Das ist leider nicht geschehen.

Im Jahr 1996 (Seitdem gibt es diese Statistiken) wurden 130.899 Abtreibungen von der Statistik erfaßt. Allerdings ist diese Zahl problematisch, da viele Abtreibungen nicht gemeldet werden. Bis zum Jahr 2001 ist diese Zahl auf 134.964 gestiegen.

In den Folgejahren ist die Zahl gesunken. Im Jahr 2007 waren es 116.871 Fälle. Allerdings ist das Verhältnis von Abtreibungen zu Geborenen immer noch höher als 1996. 1996: 163; 2007: 179,3. Trauriger Höhepunkt war auch 2001 mit 182,4.

Der Rückgang in den letzten Jahren sieht auch weniger gut aus, wenn man die Zahl der Abtreibungen mit der der gebärfähigen Frauen vergleicht. Abtreibungen pro 10.000 Frauen im gebärfähigen Alter waren 1996 76, 2001 80 und 2007 73. Hier ist also in der Tat ein geringer Rückgang zu beobachten, der allerdings 2005 einsetzte.

Einige weitere Zahlen des Bundesamtes für Statistik, die sehr aussagekräftig sind:

* Von 1996 bis 2007 ist der Anteil der Schwangerschaftsabbrüche der unter 18-Jährigen an der Gesamtzahl von 3,6 auf 5,3 Prozent angestiegen.

* 1996 hatten 36,5 Prozent der Frauen, die sich gegen die Schwangerschaft entschieden, noch keine Kinder geboren. 2007 betrug dieser Anteil 41,0 Prozent.

* Die Anzahl der Schwangerschaftsabbrüche je 10.000 Frauen im Alter von 15 bis unter 45 Jahren (Quote der Schwangerschaftsabbrüche bezogen auf die Frauen im gebärfähigen Alter) lag 1996 bei 76 und 2007 (vorläufige Berechnung) bei 71. In der Altersgruppe der 15- bis unter 18-Jährigen lag der vergleichbare Wert 1996 bei 33 und im Jahr 2007 bei 41.

Es muß hier erwähnt werden, daß lange Zeit die Statistik über die Abtreibung sehr stark angezweifelt wurde. Kritik hierzu kam vor allem aufgrund der Tatsache, daß viele Abtreibungen von den Krankenkassen vorfinanziert werden, die sich das wiederum von den Sozialkassen holen. Abtreibung gilt in Deutschland als Sozialleistung. Schon aus diesem – grotesken – Grund, sollten die Statistiken exakt sein.

Die Zahl der Spätabtreibungen konnte nur steigen, weil sie früher in dieser Form gar nicht erlaubt waren und so erst seit 1996 möglich sind. Hier gab es eine deutliche Liberalisierung.

Doch hierzu sind die Zahlen absolut unzuverlässig. Der CDU-Vorstoß hinsichtlich der Spätabtreibungen aus dem vergangenen Jahr sieht deshalb eine höhere Dokumentationspflicht vor, um sich Klarheit zu verschaffen: „Für den Arzt ist nicht deutlich erkennbar, unter welcher der acht Rubriken der Embryozid oder Fetozid eingetragen werden soll. Insofern besteht die Befürchtung, dass aufgrund der fehlenden Eintragungsmöglichkeit des Embryozids oder Fetozids im Erhebungsvordruck die tatsächliche Anzahl der Abtreibungen und Spätabtreibungen statistisch nicht vollständig erfasst wird. Durch die Erweiterung der Erhebungsmerkmale werden Lücken der Statistik geschlossen und ihre Aussagekraft über die Art und Anzahl von Spätabtreibungen unter Wahrung des Datenschutzes gestärkt.“ (Auszug aus dem CDU/CSU-Gesetzentwurf).