Dienstag, 16. Mai 2017

Nutzen und Grenzen von Prof. Winterhoffs Kritik zur „Akzeptanz“ im hessischen Sexualkunde-Lehrplan

Prof. Christian Winterhoff. Foto: J. Saidl
Mathias von Gersdorff

Professor Dr. Christian Winterhoff hat einen viel beachteten Vortrag im Symposium „Sexualpädagogik der Vielfalt – Kritik einer herrschenden Lehre“ am 6. Mai 2017 in Wiesbaden gehalten. Das Thema des Vortrages des Juristen war „Sexualpädagogik der Vielfalt – der rechtliche Rahmen“.

Winterhoffs Kernaussage: Die neuen „Richtlinien zur Sexualerziehung“ für Hessens Schulen verstoßen mit seinen der Forderung nach „Akzeptanz sexueller Vielfalt“ gegen das Grundgesetz und gegen das Hessische Schulgesetz (HSG).

Sein Kernargument: Das in den „Richtlinien zur Sexualerziehung“ gestellte Lernziel „Akzeptanz sexueller Vielfalt – zudem ab dem ersten Grundschuljahr und fächerübergreifend – verstößt gegen das Indoktrinationsverbot und engt zu stark das Erziehungsrecht der Eltern ein. Winterhoff erläuterte, dass in der schulischen Erziehung die elterlichen und staatlichen Lernziele durchaus in Konkurrenz stünden. Doch im Bereich Sexualität hätten die Eltern den Vorrang vor dem Staat aufgrund der nötigen Sensibilität, mit der man bei diesem Thema umgehen müsse.

Wie sind die Aussagen Winterhoffs aus der Perspektive derjenigen zu bewerten, die seit Inkrafttreten des Erlasses im Spätsommer 2016 dagegen protestieren?

1. Professor Winterhoff bestätigt aus juristischer Sicht das Hauptargument der Kritiker der neuen Richtlinien: Dieser sei Indoktrinierend[im Sinne der Doktrin der „Sexuellen Vielfalt“ bzw. der Gender-Ideologie] und bildet zudem einen unzulässigen Eingriff in das Erziehungsrecht der Eltern.

Die Kritiker haben, so Professor Winterhoff, etliche verfassungsrechtliche Urteile sowie das Hessische Schulgesetz auf ihrer Seite.

Winterhoff stellte klar, dass die Schule – rein aus rechtlicher Sicht – Toleranz als Lernziel haben kann, doch nicht Akzeptanz (zu dieser Problematik weiter unten). Ähnlich haben diverse Institutionen argumentiert, wie etwa der Philologenverband, der Landeselternrat etc.

Nun stellt sich die Frage: Ist das Problem aus der Welt geschaffen, wenn man in den Richtlinien das Wort Akzeptanz durch Toleranz austauscht?

Mitnichten.

2. Professor Winterhoff beließ es in seinem Vortrag nicht beim Zitieren von Gesetzen und Gerichtsurteilen, sondern ging auch der Frage nach, wie das Lernziel „Akzeptanz sexueller Vielfalt“ konkret realisiert werden soll.

Dies geschieht unter anderem anhand der Lehrbücher. Wenn es darum geht, Texte zu verfassen, die „Toleranz“ anstreben so müssen sie ganz anders redigiert und bebildert werden, wenn „Akzeptanz“ angestrebt wird. Ansonsten würde man gegen das Zurückhaltungs- und Rücksichtnahmegebot des Grundgesetzes verstoßen.

Das Lernziel „Toleranz“ müsse wesentlich neutrale Inhalte vermitteln und erlaubt keine positive Darstellung von Sexualverhalten, die alternativ zur Ehe existieren. Lehrbücher dürfen beispielsweise (entsprechend der gegenwärtigen Rechtsprechung) behaupten, es existierten Partnerschaftsformen neben der Ehe. Diese Partnerschaften müssen aber neutral (und nicht ethisch positiv) und nicht der Ehe gleichwertig dargestellt werden. Dasselbe gilt für sexuelle Identitäten und Sexualverhalten.

Noch weniger darf man Akzeptanz für alle möglichen Sexualverhalten und Identitäten einfordern. Das ist aber ausdrücklich von Kultusminister Ralph-Alexander Lorz (CDU) gewünscht. In einer Erläuterung zu den neuen Richtlinien machte er klar, die Schüler müssten den anderen mitteilen „Du bist okay, so wie du bist“, was eindeutig ein Werturteil darstellt.

Die beiden oben behandelten Punkte zeigen, wie wertvoll der Vortrag Winterhoffs in Wiesbaden (bzw. sein Rechtsgutachten zum selben Thema) ist.

Es ist aber auch notwendig, die Grenzen von Winterhoffs Argumentation im Auge zu behalten. Insbesondere muss darauf geachtet werden, dass Winterhoffs Argumentation rein juristisch ist. Er geht auf das Meta-Problem nicht ein.

Die zwei wichtigsten Punkte, die Professor Winterhoff nicht behandelt, sind folgende:

1. Das Kernproblem der hessischen und im Grunde aller Schulrichtlinien, in denen menschliche Sexualität eine Rolle spielt ist, dass in Deutschland dieses Thema Anfang der 1970er Jahre im Geiste der sog. „emanzipatorischen Sexualerziehung“ eingeführt wurde. Die „emanzipatorische Sexualerziehung“ entstand im Zuge der 19868er-Kulturrevolution und legt das Menschenbild des Neomarxismus zugrunde. Die Stoßrichtung war dezidiert antichristlich, weil man die christliche – vor allem katholische – Moral als despotisch, unmenschlich und als ein Werkzeug zur Unterjochung der Menschen ansah.

Alle Richtlinien, die seit den 1970er Jahren erlassen worden sind, tradieren die „emanzipatorische Sexualerziehung“. In diesem Blog wurde deshalb schon mehrmals erläutert, dass aus diesem Grund die schulische Sexualerziehung nicht zu retten sei und man sie im Grunde komplett abschaffen muss. Falls Sexualerziehung notwendig sein sollte, müsste sie auf einer völlig neuen Grundlage entworfen werden.

Solange das nicht geschieht, müssen die Eltern gegen die Schulen kämpfen, wenn sie ihre Kinder vor einer neomarxistischen und damit falschen Sicht der Sexualität und des Menschen überhaupt schützen wollen. Das ist es auch, was seit Jahrzehnten in unterschiedlicher Intensität passiert.

2. Hinsichtlich der Richtlinien, die in den letzten beiden Jahren erlassen wurden, kommt hinzu, dass sie allesamt die Vorstellung der Existenz einer „sexuellen Vielfalt“ propagieren, obwohl diese Idee nach wie vor höchst umstritten ist. „Sexuelle Vielfalt“ ist nichts anderes als eine Tarnung für „Gender“. Sie geht also davon aus, dass die menschliche Sexualität eine kulturelle und gesellschaftliche Konstruktion sei.

Dass die Idee, es existiere „sexuelle Vielfalt“ (die über die Existenz von Mann und Frau hinaus geht) widerspricht offensichtlich dem christlichen Menschenbild und der Vernunft.

Diese absurde Theorie, egal, ob man sie Gender oder „sexuelle Vielfalt“ nennt, kann man weder akzeptieren, noch tolerieren, noch dulden. Sie ist irrsinnig und hat in der Schule nichts verloren.

Fazit: Winterhoffs juristische Evaluation der neuen hessischen Richtlinien ist sehr wertvoll. Sie ersetzt aber nicht den notwendigen ideologischen Kampf gegen den Lehrplan und die Mobilisierung der christlichen und bürgerlichen Basis der Gesellschaft. Dasselbe gilt für die Lehrpläne Sachsens, Thürigens, Bayerns etc.

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